Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Psychologischer Kaufzwang

Von einem psychologischen Kaufzwang wurde ausgegangen, wenn der Unternehmer  Kunden durch Geschenke, eine bestimmte Verkaufssituation etc. in eine Lage brachte, in der der Kunde glaubte, eine Ware kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen zu müssen, um nicht als undankbar dazustehen.

Heutzutage sind die Voraussetzungen für die Annahme eines psychologischen Kaufzwangs so eng, dass er in aller Regel ausscheidet. Der moderne Verbraucher kann damit umgehen, dass der Unternehmer ihn auf unterschiedliche Weise anlockt und dabei unter anderem auch ein Gefühl von Verpflichtetsein des Kunden vermitteln kann.

Köhler in Köhler/Bornkamm (33. Aufl. zu § 4 Nr. 1 (alt) UWG, Rdn 1.77 f) will die Rechtsfigur des psychologischen Kaufzwangs sogar ganz aufgeben. Andererseits ist er aber dennoch der Auffassung, dass eine unangemessene, unsache Beeinflussung vorliegen kann, wenn der Unternehmer

  • einen moralischen Druck ausübt, d.h. den Verbrauchern zu verstehen gibt, dass sie sich undankbar verhalten würden, wenn sie nichts erwerben würden, und

  • dieser Druck so stark ist, dass dadurch die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher beeinträchtigt wird.

Allerdings stellt er sehr strenge Voraussetzungen an das Vorliegen dieser Voraussetzungen.  Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. zu § 4 (alt), Rdn. 1.26 plädiert ebenfalls für eine zurückhaltende Anwendung, wenn nicht Aufgabe dieser Rechtsfigur.

OLG Frankfurt, Urt. v. 3.8.2017, 6 U 35/17

Die Gewährung von kostenlosen Waren und Dienstleistungen zum Zwecke des Kaufanreizes ist heute derart verbreitet, dass der Verbraucher mit ihnen im Allgemeinen "umgehen" kann; d.h. die Zuwendung wird bei ihm grundsätzlich kein Gefühl der Dankbarkeit oder Peinlichkeit hervorrufen, das - was der Wortlaut des § 3 II UWG verlangt - sein wirtschaftliches Verhalten "wesentlich" beeinflusst (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, Rdz. 1.81 zu § 4a). Eine unlautere Beeinflussung im Sinne der Generalklausel durch "psychischen Kaufzwang" kommt daher allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht.