Die Beeinträchtigung oder Ausbeutung des guten Rufs von Marken, Geschäftsbezeichnungen oder anderen Kennzeichen ist unter bestimmten Voraussetzungen durch §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 und § 127 Abs. 3 MarkenG verboten.
1. Verhältnis zu Verbotstatbeständen im Markengesetz
4. Beispiele (k)einer Rufausbeutung als unlautere Behinderung
a. Keywords für AdWord-Anzeigen
b. Werbung für Zubehör, Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien
Verhältnis zu Verbotstatbeständen im Markengesetz
Im Anwendungsbereich der §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 und § 127 Abs. 3 MarkenG galt lange Zeit die Vorrangtheorie, wonach ein Rückgriff auf die gezielte Behinderung als UWG-Tatbestand nicht möglich ist.
BGH, Urt. v. 15.7.2004, I ZR 37/01, II.3.b – Aluminiumräder
Im Anwendungsbereich der Bestimmungen des Markengesetzes ist für eine gleichzeitige Anwendung der §§ 1, 3 UWG, § 823 BGB grundsätzlich kein Raum (BGHZ 149, 191, 195 f. – shell.de, m.w.N.).
Ausnahmen wurden zunächst nur für § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG, der ein eigenes Verbot der Rufausbeutung im Rahmen vergleichender Werbung vorsieht, sowie für § 4 Nr. 3 b UWG beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gemacht. Eine weitere Ausnahme gilt nunmehr für die Irreführung über die betriebliche Herkunft einer Ware oder Dienstleistung. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der BGH insgesamt von seiner Vorrangtheorie Abstand nimmt.
BGH, Urt. v. 15.8.2013, I ZR 188/11, Tz. 54 - Hard Rock Cafe
Einem auf Herkunftstäuschung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG gestützten Anspruch der Klägerin steht kein Vorrang des Markenrechts entgegen. ... An der bisherigen Rechtsprechung, nach der die durch eine bestimmte Kennzeichnung hervorgerufene Irreführung über die betriebliche Herkunft allein nach den Grundsätzen des Markenrechts zu beurteilen war (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001, I ZR 138/99 - shell.de), kann aufgrund der ins deutsche Recht umgesetzten Bestimmung des Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG nicht mehr festgehalten werden. Der individualrechtliche Schutz aus dem Markenrecht und der lauterkeitsrechtliche Schutz nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bestehen nunmehr nebeneinander (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 5 Rn. 4.211 f.).
Rufbeeinträchtigung
Eine Rufschädigung kann eine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG sein, wenn sie von Umständen geprägt wird, die nicht von den kennzeichenrechtlichen Verbotstatbeständen des Markengesetzes erfasst werden und nicht in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG bei vergleichender Werbung oder § 4 Nr. 3 b UWG (vormals 4 Nr. 9 b UWG) bei einer Produktnachahmung fallen. Welche Umstände das sein könnten, ist weitgehend unbekannt.
Rufausbeutung
Eine Rufbeeinträchtigung kann wie die Rufschädigung eine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG sein, wenn sie von Umständen geprägt wird, die nicht von den kennzeichenrechtlichen Verbotstatbeständen des Markengesetzes erfasst werden und nicht in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG bei vergleichender Werbung oder § 4 Nr. 3 b UWG (vormals 4 Nr. 9 b UWG) bei einer Produktnachahmung fallen. Welche Umstände das sein könnten, ist auch bei der Rufbeeinträchtigung weitgehend unbekannt.
BGH, Urt. v. 13.1.2011, I ZR 125/07, Tz. 34 - Bananabay II
Eine unlautere Behinderung der Kl. i.S. von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG durch Rufausbeutung setzt eine Übertragung von Güte- oder Wertvorstellungen, also einen Imagetransfer voraus. Dafür ist eine erkennbare Bezugnahme auf denjenigen erforderlich, dessen Ruf ausgebeutet werden soll, oder auf dessen Produkte
Ebenso BGH, Urt. v. 22.1.2009, I ZR 30/07, Tz. 22 - Beta Layout
Die anlehnende Bezugnahme ist aber nicht schon an sich verboten.
BGH, Urt. v. 15.7.2004, I ZR 37/01, II.3.d – Aluminiumräder
Eine anlehnende Bezugnahme auf ein fremdes Produkt ist jedenfalls dann wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn hierfür im Einzelfall ein hinreichender Anlass besteht und Art und Maß der Angaben im Rahmen einer zutreffenden Darstellung liegen.
Beispiele (k)einer Rufausbeutung als unlautere Behinderung
Keywords für AdWord-Anzeigen
Eine unlautere Rufausbeutung durch die Verwendung eines Keywords zur Generierung von AdWord-Anzeigen lehnt der BGH ab.
BGH, Urt. v. 13.1.2011, I ZR 125/07, Tz. 34 - bananabay II
Eine unlautere Behinderung der Klägerin im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG durch Rufausbeutung setzt eine Übertragung von Güte- oder Wertvorstellungen, also einen Imagetransfer voraus.
Werbung für Zubehör, Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien
BGH, Urt. v. 15.7.2004, I ZR 37/01, II.3.d – Aluminiumräder
In der Senatsrechtsprechung ist seit langem anerkannt, daß in der Werbung für Ersatzteile oder Zubehör auf die Hauptware Bezug genommen werden darf, wenn dies zur Aufklärung des Publikums über die bestimmungsgemäße Verwendung des Ersatzteils oder Zubehörs sachlich geboten ist. Hält sich die Bezugnahme in diesen Grenzen, ist eine darin zwangsläufig liegende Anlehnung an den Ruf und den Verkaufserfolg des fremden Herstellers hinzunehmen.
Gefahr eines Imageschadens
Der Aufsteller von Altkleidercontainern in einer Stadt hatte diese nicht darüber aufgeklärt, dass anstelle der versprochenen qualitativ hochwertigen Container der Klägerin zum Teil minderwertigere Container aufgestellt wurden.
OLG Frankfurt, Urt. v. 10.30.2022, 6 U 196/20, II.2.b.2
Eine Maßnahme kann auch dann unlauter sein, wenn sie sich zwar (auch) als Entfaltung eigenen Wettbewerbs darstellt, aber das Eigeninteresse des Handelnden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wettbewerbsfreiheit weniger schutzwürdig ist als die Interessen der übrigen Beteiligten und der Allgemeinheit (ebenso BGH GRUR 2009, 685 Rn 41 - ahd.de; BGH WRP 2014, 424 Rn 42 - wetteronline.de; OLG Köln WRP 2021, 808 Rn 33). Entscheidend ist, ob die Auswirkungen der Handlung auf das Wettbewerbsgeschehen bei objektiver Betrachtung so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen (BGH GRUR 2007, 800 Rn 21 - Außendienstmitarbeiter). So liegt die Sache hier. Das Interesse der Beklagten, trotz ihres auf kostengünstigen Erwerb von Gebrauchtcontainern angelegten Geschäftsmodells bei Eintritt eines Mangels an Containern der Klägerin trotzdem die Stadt in dem Glauben zu lassen, die aufgestellten Container seien die der Klägerin, ist nicht schützenswert. Es ist geeignet, den Ruf der Klägerin, der bei Problemen und Defekten diese Probleme angelastet werden, zu beschädigen.
Siehe auch Schmarotzen
Siehe auch Kennzeichenmissbrauch