Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

n) Lebensmittel für bes. med. Zwecke, Säuglinge, Kleinkinder, Gewichtskontrolle

Literatur: Lutzhöft, Niels/Dehnert, Victoria, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke vs. Nahrungsergänzungsmittel: Regulatorische Anforderungen und Werbemöglichkeiten, WRP 2024, 776

VO (EU) Nr. 609/2013 vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung.

 OLG Köln, Urt. v. 28.2.2024, 6 U 102/23, Tz. 30

Die Vorschriften der LbmZ-VO sind Vertriebsbestimmungen, die dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher zumindest mittelbar dienen, und damit Marktverhaltensregelungen i.S. von § 3a UWG. Ihre Verletzung ist auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (vgl. BGH GRUR 2012, 734, 746 Rn. 17 m.w.N.– Glucosamin Naturell; v. Jagow, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, § 3a Rn. 91 m.w.N.).

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 45 – Bakterienkulturen

Lebensmittel sind gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.

Bestätigung von OLG München, Urt. v. 22.4.2021, 6 U 5746/20, II.3.d (MD 2021, 923)

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 22 – Bakterienkulturen

Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, einschließlich Säuglingen, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden; sie sind zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht.

Ebenso BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 23 – Bakterienkulturen; OLG Celle, Urt. v. 23.2.2023, 13 U 15/22, II.2.a.1; KG, Hinweisbeschl. v. 2.1.2024, 5 U 1015/20 (MD 2024, 224); OLG Köln, Urt. v. 28.2.2024, 6 U 102/23, Tz. 34

EuGH, Urt. v. 27.10.2022, C-418/21 - Orthomol

Ein Erzeugnis stellt ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 609/2013 dar, wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll, so dass es für eine solche Einstufung nicht ausreicht, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern.

Ebenso BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 23 – Bakterienkulturen; OLG Celle, Urt. v. 23.2.2023, 13 U 15/22, II.2.a.1; OLG Köln, Urt. v. 28.2.2024, 6 U 102/23, Tz. 34

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 24 – Bakterienkulturen

Die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 zuerst in Betracht gezogene Fallgestaltung betrifft die Kategorien von Patienten, deren Aufnahme- oder Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist. Die in dieser Bestimmung genannte zweite Fallgestaltung betrifft Patienten, die sich in einer besonderen physiologischen Verfassung befinden und folglich in Bezug auf die Zusammensetzung, Beschaffenheit oder Form von Lebensmitteln spezifische Bedürfnisse haben (vgl. EuGH, Urt. v. 27.10.2022, C-418/21, Tz. 33 - Orthomol).

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 25 – Bakterienkulturen

Das Erfordernis, dass das Lebensmittel hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner Beschaffenheit oder seiner Form für die Ernährungsanforderungen angemessen ist, die durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingt sind und denen es gerecht werden soll, schließt es aus, ein Erzeugnis allein deshalb als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einzustufen, weil die Nährstoffe, aus denen es besteht, positive Auswirkungen in dem Sinne haben, dass sie dem Patienten allgemein einen Nutzen verschaffen und dazu beitragen, dessen Krankheit, Störung oder Beschwerden vorzubeugen, sie zu lindern oder sie zu heilen. Das Angemessenheitserfordernis veranschaulicht den spezifischen Charakter der Ernährungsfunktion der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. So kann ein Erzeugnis, das dem Patienten zwar allgemein einen Nutzen verschafft oder durch Nährstoffzufuhr einer Krankheit, einer Störung oder Beschwerden entgegenwirkt, aber keine solche Ernährungsfunktion hat, nicht als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke eingestuft werden (vgl. EuGH, Urt. v. 27.10.2022, C-418/21, Tz. 34 und 36 - Orthomol).

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 28.2.2024, 6 U 102/23, Tz. 34

OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.9.2023, 20 U 320/22, Tz. 56

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2022, 1765 – Orthomol; GRUR 2023, 656 – Kwizda Pharma) reicht es nicht aus, dass irgendein Zusammenhang zwischen einem Nährstoffbedarf und einer Krankheit, Störung oder Beschwerden besteht, vielmehr muss ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf durch eine Krankheit, Störung oder Beschwerden verursacht werden und das Lebensmittel der Deckung dieses Nährstoffbedarfs dienen. Kurz gesagt bedeutet dies, dass der erhöhte oder spezifische Nährstoffbedarf durch eine Krankheit, Störung oder Beschwerden ausgelöst worden sein muss, nicht aber, dass dieser seinerseits die Krankheit, Störung oder Beschwerden verursacht hat und damit Patienten aus der Einnahme einen Nutzen in Bezug auf die Krankheit, Störung oder Beschwerden ziehen können. So hat der Europäische Gerichtshof in beiden genannten Entscheidungen darauf hingewiesen, dass sich Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sowohl von gewöhnlichen Lebensmitteln als auch von Arzneimitteln unterscheiden und dass diese Kategorien Ausschließlichkeitscharakter haben. Danach kann ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nicht zur Heilung oder Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sein, denn dann wäre es ein Arzneimittel.

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 32 – Bakterienkulturen

Die dargestellten Anforderungen an ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gelten nicht nur für die zweite in der Vorschrift genannte Fallgestaltung - Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf -, sondern auch für den ersten Fall - Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte.

KG, Hinweisbeschl. v. 2.1.2024, 5 U 1015/20 (MD 2024, 224)

LbmZ unterscheiden sich sowohl von gewöhnlichen Lebensmitteln, die unter die Lebensmittel-Basis-VO fallen, als auch von Arzneimitteln. Für diese drei eben genannten Kategorien von Erzeugnissen gelten in Anbetracht ihrer besonderen Merkmale unterschiedliche Definitionen und rechtliche Regelungen, die Ausschließlichkeitscharakter haben. Insoweit unterscheiden sich die Merkmale und Funktionen der LbmZ von denen der Arzneimittel, worunter nach Art. 1 Nr. 2 RL 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen verstanden werden, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Aus Art. 2 II Buchst. g VO (EU) Nr. 609/2013 lässt sich nicht ableiten, dass LbmZ, da sie zum Diätmanagement von Patienten bestimmt sind, dazu dienen, menschliche Krankheiten zu verhüten oder zu heilen, die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Das Erfordernis, dass das Lebensmittel hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner Beschaffenheit oder seiner Form für die Ernährungsanforderungen angemessen ist, die durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingt sind und denen es gerecht werden soll, schließt es aus, ein Erzeugnis allein deshalb als LbmZ einzustufen, weil die Nährstoffe, aus denen es besteht, positive Auswirkungen in dem Sinne haben, dass sie dem Patienten allgemein einen Nutzen verschaffen und dazu beitragen, dessen Krankheit, Störung oder Beschwerden vorzubeugen, sie zu lindern oder sie zu heilen. Daher ermöglichen es LbmZ als solche nicht, einer Krankheit, einer Störung oder Beschwerden entgegenzuwirken, vielmehr ist für LbmZ eine spezifische Ernährungsfunktion charakteristisch, so dass ein Erzeugnis, das nicht dazu bestimmt ist, eine solche Funktion zu erfüllen, nicht entsprechend eingestuft werden kann. Wenn ein Patient aus der Aufnahme eines Erzeugnisses jedoch insoweit allgemein einen Nutzen zieht, als dessen Inhaltsstoffe dazu beitragen, einer Krankheit vorzubeugen, sie zu lindern oder sie zu heilen, dann zielt dieses Erzeugnis nicht darauf ab, diesen Patienten zu ernähren, sondern ihn zu heilen, einer Krankheit vorzubeugen oder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, womit dieses Erzeugnis nicht als LbmZ einzustufen ist (EuGH, Urt. v. 27.10.2022 - C418/21, WRP 2022, 1484, Rdnr. 37 ff - Orthomol).

Ebenso OLG München, Urt. v. 30.11.2023, 29 U 926/21, Tz. 35

KG, Hinweisbeschl. v. 2.1.2024, 5 U 1015/20 (MD 2024, 224)

Eine metabolische Wirkung, die einer Erkrankung entgegenwirkt und/oder diese heilen/lindern soll, schließt die Einstufung als LbmZ nach der Rechtsprechung des EuGH aus.

OLG München, Urt. v. 30.11.2023, 29 U 926/21, Tz. 36, 38

Für eine solche Einstufung reicht es nicht aus, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern (EuGH GRUR 2022, 1765, Rdnr. 59 - Orthomol).

OLG Frankfurt, Urt. v. 29.5.2019, 6 U 38/18, II.1

Der Sinn und Zweck der VO 609/2013 stehen einer weiten Definition des Begriffs der LbmZ entgegen. Nach früherer Rechtsprechung des BGH (GRUR 2009, 413 - Erkofol-Kapseln) zu Artikel 1 Abs. 2 lit. e) der RL 1999/21 lag ein LbmZ nicht nur vor, wenn ein medizinisch bedingten Nährstoffdefizit ausgeglichen werden wollte, sondern auch dann, wenn auf andere Weise durch die Nährstoffzufuhr Erkrankungen entgegengewirkt werden sollte. Es hat die LbmZ damit sozusagen in den Rang eines „kleinen Arzneimittels“ erhoben. Aus den Erwägungsgründen 9 und 10 der VO 609/2013 ergibt sich, dass diese Auslegung nicht den Vorstellungen des EU-Normgebers entsprach. Dort ist ausgeführt, Anlass für die Änderungen sei die unterschiedliche Auslegung des bisher verwendeten Begriffs des LbmZ, die zu Problemen führe und es dadurch notwendig sei, durch eine Vereinfachung des rechtlichen Rahmens die Auslegungsunterschiede zu beseitigen. Artikel 2 Abs. 2 lit. g) der VO 609/2013 ist das Ergebnis dieses Bemühens.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 16.7.2020, 6 U 38/20, II.B.1.bOLG München, Urt. v. 15.10.2020, 29 U 2241/20, Tz. 19; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.2.2021, 4 U 125/20 (MD 2021, 474); OLG Schleswig, Urt. v. 25.3.2021, 6 U 6/20 (MD 2021, 581 mit ausführlicher Begründung); OLG München, Urt. v. 22.4.2021, 6 U 5746/20 (MD 2021, 923 mit ausführlicher Begründung; bestätigt durch BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21 – Bakterienkulturen)

OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.9.2023, 20 U 320/22, Tz. 59

„Leichter Bluthochdruck“, „Störungen der Gefäßfunktion (u. a. Durchblutungsstörungen) im Frühstadium von Arteriosklerose“ und ein „erhöhter Homocysteinspiegel“ führen nicht ... zu einem erhöhten oder spezifischen Nährstoffbedarf. Vielmehr ist es allenfalls so, dass ein Nährstoffmangel (mit-) ursächlich für diese Krankheiten und Störungen ist.

Normale oder besondere Ernährung

OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021, 13 U 21/20, II.1.a.3

Bei der Prüfung, ob für die diätetische Behandlung der Patienten eine Modifizierung der normalen Ernährung oder andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beidem ausreicht, sind auch die auf dem Markt erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 30.11.2011, I ZR 8/11 – G. N., juris, Rn. 10, zu § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV).

Ebenso OLG Celle, Urt. v. 23.2.2023, 13 U 15/22, II.2.b

OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.2.2021, 4 U 125/20 (MD 2021, 474)

Mit der VO (EU) Nr. 609/2013 wurde das Konzept der Lebensmittel für eine besondere Ernährung (diätetische Lebensmittel) aufgegeben und durch die Regelungen für „Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen“ ersetzt. Die Verordnung erfasst solche Lebensmittel als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die für Patienten entwickelt werden, deren Nährstoffbedarf aufgrund bestimmter Erkrankungen, Störungen oder spezifischer Beschwerden nicht durch den Verzehr normaler Lebensmittel gedeckt werden kann. Dieser Patientenkreis ist in Art. 2 Abs. 2 lit. g der VO (EU) Nr. 609/2013 bestimmt. Gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. g der VO (EU) Nr. 609/2013 dienen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke demgemäß der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltenen Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder sind für Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffe darf bestimmt, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht. Sie sollen folglich ein medizinisch bedingtes Nährstoffdefizit ausgleichen.

KG, Hinweisbeschl. v. 2.1.2024, 5 U 1015/20 (MD 2024, 224)

Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Art. 2 II Buchst. g VO (EU) Nr. 609/2013 und insbesondere der Begriff des sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarfs dahin auszulegen, dass ein Erzeugnis ein LbmZ darstellt, wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll. Für eine solche Einstufung reicht es nicht aus, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern (EuGH, Urt. v. 27.10.2022 - C-418/21, WRP 2022, 1484, Tz. 59 - Orthomol).

OLG Frankfurt, Urt. v. 29.5.2019, 6 U 38/18, II.1

Nach dem Wortlaut des Artikel 2 Abs. 2 lit. g) der VO 609/2013 … müssen LbmZ zum Diätmanagement von Patienten dienen. Die Verordnung stellt klar, dass LbmZ zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechselung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte dienen muss oder für Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt ist, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 16.7.2020, 6 U 38/20, II.B.1.a; OLG Schleswig, Urt. v. 25.3.2021, 6 U 6/20 (MD 2021, 581)

OLG München, Urt. v. 30.11.2023, 29 U 926/21, Tz. 40

Der Begriff „Diätmanagement" nach Art. 2 II lit. g LbmZ-VO erfasst einen Bedarf, der durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden verursacht wird und dessen Deckung für den Patienten unter Ernährungsgesichtspunkten unerlässlich ist, unter die Wendung „Modifizierung der Ernährung für den Patienten allein" fallen sowohl Sachlagen, in denen eine Modifizierung der Ernährung für den Patienten unmöglich oder gefährlich ist, als auch Sachlagen, in denen der Patient nur sehr schwer seinen Ernährungsbedarf durch den Verzehr gewöhnlicher Lebensmittel zu decken vermag (EuGH GRUR 2023, 656, Rdnr. 52 - Kwizda-Pharma).

OLG Frankfurt, Urt. v. 16.7.2020, 6 U 38/20, II.B.1.b

Der erkennende Senat legt diese Norm so aus, dass ein LmbZ dazu dienen muss, ein medizinisch bedingtes Nährstoffdefizit auszugleichen (Urt. v. 29.5.2019, 6 U 38/18).

OLG München, Urt. v. 22.4.2021, 6 U 5746/20, II.3.d (MD 2021, 923)

Nach Inkrafttreten der VO (EU) Nr. 609/2013 liegt ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke also nur dann vor, wenn es dazu dient, ein medizinisch bedingtes Nährstoffdefizit auszugleichen; es reicht nicht aus, wenn die Nährstoffzufuhr auf andere Weise Erkrankungen entgegenwirken soll (vgl. bereits OLG Frankfurt, Urt. vom 29.5.2019 GRUR-RR 2019, 449, LS 1 und Rn. 15, 17 - Guaranaextrakt sowie Urt. vom 16.07.2020, PharmR 2020, 624 Rn. 17 ff. - Zucker aus Birkenrinde; …). Ein „sonstiger medizinisch bedingter Nährstoffbedarf“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. g) Alt. 2 VO (EU) 609/2013 ist also gegeben, wenn bestimmte Beschwerden, Krankheiten oder Störungen einen besonderen Nährstoffbedarf begründen. Ist die Krankheit kausal für einen veränderten Nährstoffbedarf, ist dieser „medizinisch bedingt“.

Dieses Verständnis ergibt sich auch bei Betrachtung des systematischen Zusammenhangs der Alternative „sonstiger medizinisch bedingter Nährstoffbedarf“ zu den in Art. 2 Abs. 2 lit. g) Alt. 2 VO (EU) 609/2013 vorgenannten Fällen, die sich auf krankheitsbedingte Nährstoffbedarfssituationen von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte beziehen.

Der hieran anknüpfende „sonstige medizinisch bedingte Nährstoffbedarf“ muss also Folge einer spezifischen Krankheit sein, die … es dem Patienten schwer oder unmöglich macht, seinen Ernährungsbedarf durch den Verzehr anderer Lebensmittel zu decken. Das Diätmanagement im Sinne von Art. 2 Abs. 2 g) der VO (EU) 609/2013 dient dazu, die Ernährung an den krankheitsbedingt veränderten Nährstoffbedarf anzupassen und dem Patienten einen auf seinen Zustand angepassten Nährstoffbedarf bereitzustellen. In diesem Zusammenhang vermag ein Diätmanagement auch das Krankheits- und Beschwerdebild positiv zu beeinflussen.

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21 – Bakterienkulturen

OLG Celle, Urt. v. 23.2.2023, 13 U 15/22, II.2.a.1

Es reicht für eine Einstufung als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nicht aus, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2022 - C 418/21).

Nährstoffe

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 26 – Bakterienkulturen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat ... entschieden, dass der Begriff der Nährstoffe, an denen krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Bedarf besteht, der durch das Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gedeckt werden soll, in der Verordnung nicht definiert ist. Maßgeblich ist die Nährstoffdefinition der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV). Denn sowohl Erwägungsgrund 24 der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 als auch Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/128 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 im Hinblick auf die besonderen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke knüpfen hieran an (vgl. EuGH, Urt. v. 2.3.2023, C-760/21, Tz. 60 bis 62 - Kwizda Pharma). Nach dem damit maßgeblichen Art. 2 Abs. 2 Buchst. s LMIV sind Nährstoffe Eiweiße, Kohlenhydrate, Fett, Ballaststoffe, Natrium, Vitamine und Mineralstoffe, die in Anhang XIII Teil A Nr. 1 der Verordnung aufgeführt sind, sowie Stoffe, die zu einer dieser Klassen gehören oder Bestandteil einer dieser Klassen sind.

Bestätigung von OLG München, Urt. v. 22.4.2021, 6 U 5746/20, II.3.d.bb (MD 2021, 923)

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 29 – Bakterienkulturen

Bakterien sind keine Nährstoffe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. s LMIV.

Inverkehrbringen

OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.2.2021, 4 U 125/20 (MD 2021, 474)

Die VO (EU) Nr. 609/2013 regelt unter anderem das Inverkehrbringen von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke. Sie dient dem Schutz der Verbraucher und enthält damit Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG.

BVerwG, Urt. v. 17.9.2021, 3 V 20.20, Tz. 39

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ... dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den hierfür geltenden Voraussetzungen genügen (Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung <EU> Nr. 609/2013). Hierzu gehört u.a., dass sie sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam in dem Sinne sind, dass sie den besonderen Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen, was durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist (Art. 9 Abs. 1 sowie Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung <EU> Nr. 609/2013 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Delegierten Verordnung <EU> 2016/128; vgl. zur entsprechenden Rechtslage unter Geltung der Diätverordnung BGH, Urt. v. 2.10.2008, I ZR 51/06, Tz. 24; ebenfalls vom 2.10.2008, I ZR 220/05, Tz. 17 und vom 15.3.2012, I ZR 44/11, Tz. 18).

 OLG Köln, Urt. v. 28.2.2024, 6 U 102/23, Tz. 30

Nach Art. 9 Abs. 1 LbmZ-VO muss die Zusammensetzung der in Art. 1 Abs. 1 LbmZ-VO genannten Lebensmittel so beschaffen sein, dass sie gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen und für diese Personen geeignet sind. Die Einhaltung der Anforderungen der LbmZ-VO stellt gemäß Art. 4 Abs. 1 LbmZ-VO eine Voraussetzung des Inverkehrbringens dar. Die LbmZ-VO legt daher dem Inverkehrbringer die Verpflichtung auf, die Konformität seines Produkts mit den Anforderungen der LbmZ-VO und insbesondere den spezifischen Ernährungsanforderungen der angesprochenen Nutzer sicherzustellen.

OLG München, Urt. v. 15.10.2020, 29 U 2241/20, Tz. 24

Nach Inkrafttreten der VO (EU) 609/2013 sowie der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 darf ein Produkt als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke wie auch nach den bisherigen Anforderungen entsprechend § 14b Abs. 1 S. 2 DiätV nur in Verkehr gebracht werden, wenn seine Wirksamkeit nachgewiesen ist (vgl. zu § 14b Abs. 1 S. 2 DiätV: Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 176. EL März 2020, § 14b DiätV Rn. 19). Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast bei der Beklagten als Herstellerin und Vertreiberin ihres entsprechend aufgemachten und beworbenen Mittels (BGH, Urt. v. 15.03.2012, I ZR 44/11 Rn. 18 - ARTROSTAR).

Irreführungsverbot

OLG München, Urt. v. 31.1.2019, 29 U 2283/18 (MD 2019, 480)

Art. 9 Abs. 5 VO (EU) 609/2013 ist eine Marktverhaltensregelung, die dem Schutz der Verbraucher dient. Gemäß Art. 9 Abs. 5 VO (EU 609/2013 darf die Kennzeichnung und Aufmachung sowie die Werbung für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (…) diesen Erzeugnissen keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften erwecken.

Ebenso KG, Urt. v. 13.6.2019, 5 U 22/19 (MD 2019, 973); OLG München, Urt. v. 28.3.2019, 29 U 2297/18, II.2.a - Lyandra; OLG München, Urt. v. 22.4.2021, 6 U 5746/20, II.3.d.dd (MD 2021, 923); OLG Frankfurt, Urt. v. 16.7.2020, 6 U 38/20, II.B.1.a

Das Verbot findet aber keine Anwendung auf Lebensmittel, die nicht unter die Verordnung fallen.

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 45 – Bakterienkulturen

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 findet keine Anwendung, weil die Produkte der Beklagten keine Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 sind.

Bei anderen Lebensmitteln ergibt sich das Irreführungsverbot aus Art. 7 Abs. 3 und 4 LMIV.

Verbot krankheitsbezogener Werbung

OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.9.2023, 20 U 320/22, Tz. 68

Gemäß Art. 9 Abs. 5 LmbZVO darf die Kennzeichnung und Aufmachung von sowie die Werbung für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke diesen Erzeugnissen keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften erwecken. Die Regelung des Art. 9 Abs. 5 LmbZVO ist einschlägig, auch wenn ... das Produkt der Beklagten kein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ist, denn maßgeblich ist, dass es aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs ausdrücklich als solches bezeichnet wird (vgl. insoweit auch OLG München BeckRS 2021, 34619). Aber selbst wenn man dies anders sehen wollte, wären die streitgegenständlichen Angaben jedenfalls auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3, Abs. 4 VO (EU) Nr. 1169/2011 unzulässig.

OLG München, Urt. v. 31.1.2019, 29 U 2283/18 (MD 2019, 480)

Mit der Angabe „Zur diätetischen Behandlung von Infektionen durch Herpesviren“ wirbt die Beklagte mit der Eignung ihres Produkts zur Behandlung einer Krankheit und mit der Angabe „Erhöhte Lysin-Spiegel können die Vermehrung von Herpes Viren reduzieren und einen Ausbruch von Lippenherpes entgegen steuern“ bewirbt die Beklagte ihr Produkt damit, zur Vorbeugung einer Krankheit geeignet zu sein.

OLG München, Urt. v. 28.3.2019, 29 U 2297/18, II.2.c - Lyandra

Mit der Angabe "Zur diätetischen Behandlung von Lippenherpes" wirbt sie mit der Eignung ihres Produkts zur Behandlung einer Krankheit.

Darlegungs- und Beweislast

OLG Köln, Urt. v. 28.2.2024, 6 U 102/23, Tz.  37 f, 40

Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob der Beklagten die volle Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die Voraussetzungen der LbmZ-VO eingehalten sind. Denn in jedem Fall trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast und ist ihrem diesbezüglichen Vortrag die Einhaltung der Vorgaben der LbmZ-VO nicht zu entnehmen.

Richtig ist zwar, dass den Kläger als Anspruchsteller nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass im Rahmen des § 3a Abs. 1 UWG ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung vorliegt (vgl. nur Köhler/Odörfer, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. 2024, § 3a Rn. 1.85). Der Bundesgerichtshof hat jedoch bereits zur Rechtslage unter der DiätV bzw. der RL 1999/21/EG angenommen, dass der Hersteller und Vertreiber eines diätetischen Lebensmittels nicht nur die Wirksamkeit des beworbenen Mittels durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen habe, sondern auch das Vorliegen der Voraussetzungen des damaligen § 14b Abs. 1 S. 2 DiätV (BGH GRUR 2012, 1164, 1165 Rn. 18 – ARTROSTAR m.w.N.).

… Auch die LbmZ-VO legt daher dem Inverkehrbringer die Verpflichtung auf, die Konformität seines Produkts mit den Anforderungen der LbmZ-VO und insbesondere den spezifischen Ernährungsanforderungen der angesprochenen Nutzer sicherzustellen. Gerade diese Ausgestaltung des materiellen Lebensmittelrechts entspricht mithin der Regelung der vormaligen DiätV, bei der ebenfalls die Wirksamkeit für den besonderen Ernährungszweck vom Hersteller nachzuweisen war. Mithin bestehen diese für den Bundesgerichtshof im Kontext der alten Rechtslage maßgeblichen Gesichtspunkte (vgl. dazu ausdrücklich BGH GRUR 2008, 1118, 1119 Rn. 17 - G.-Kapseln) auch unter der LbmZ-VO fort.

OLG München, Urt. v. 15.10.2020, 29 U 2241/20, Tz. 28

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 15.03.2012, I ZR 44/11 Rn. 20 - ARTROSTAR) obliegt es dem Hersteller und Vertreiber einer bilanzierten Diät, insbesondere auch das Fehlen einer nach den Umständen des Einzelfalls nicht fernliegenden mittelbaren Gesundheitsgefährdung nachzuweisen. Bei einem Mittel wie dem hier in Rede stehenden, das die Schmerzen lindern soll, kommt eine solche mittelbare Gesundheitsgefährdung insbesondere dann in Betracht, wenn eine Placebowirkung des Präparats dem Patienten einen unzutreffenden Eindruck vom Voranschreiten des Grundleidens (hier Arthrose) vermittelt und ihn dadurch davon abhält, sich rechtzeitig in ärztliche Behandlung zu begeben, um dieses Grundleiden nicht nur symptomatisch, sondern kurativ behandeln zu lassen. Der Nachweis, dass von dem Mittel keine solche die Gesundheit schädigende oder zumindest gefährdende Wirkung ausgeht, kann nach der Natur der Sache allein durch eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden.

OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021, 13 U 21/20, II.1.a.2

Nach Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1c VO (EU) Nr. 609/2013 muss die Zusammensetzung der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke so beschaffen sein, dass sie gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen und für diese Personen geeignet sind. Nach § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV müssen bilanzierte Diäten wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen. ... Der Beklagten ist es nicht gelungen, ihre Behauptung durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen (zur Darlegungslast: vgl. BGH, Urt. vom 15.3.2012, I ZR 44/11 – A., Tz. 18 f. zu §14b Abs. 1 Satz 2 DiätV).

OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021, 13 U 21/20, II.1.a.2

Nach Art. 9 Abs. 1 VO (EU) Nr. 609/2013 muss die Zusammensetzung des Mittels gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die es bestimmt ist, entsprechen, also nicht nur die einzelnen Inhaltsstoffe. Ein Wirksamkeitsnachweis der Kombination mehrerer Inhaltsstoffe ist aber ohne Erkenntnis über Wechselwirkungen der kombinierten Stoffe nicht möglich. Auf die Untersuchung solcher Wechselwirkungen kann nicht verzichtet werden, weil die Verwendung mehrerer oder zusätzlicher Inhaltsstoffe mit einer Verschlechterung der ernährungsmedizinischen Wirksamkeit einhergehen und sich die Wirkung einzelner Bestandteile im Körper neutralisieren kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 44/11 – A.; ...).

Diätverordnung

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 45 – Bakterienkulturen

Die Diätverordnung wurde in ihrem Geltungsbereich für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke vollständig von der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 abgelöst.