1. Art. 28 Abs. 2 HCVO (Marken)
2. Art. 28 Abs. 5 HCVO (Unbeschiedene gesundheitsbezogene Angaben)
Art. 28 Abs. 2 HCVO (Marken)
Produkte mit bereits vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen, die dieser Verordnung nicht entsprechen, dürfen bis zum 19. Januar 2022 weiterhin in den Verkehr gebracht werden; danach gelten die Bestimmungen dieser Verordnung, jedoch einschließlich Art. 1 Abs. 3.
Art. 1 Abs. 3 HCVO
Handelsmarken, Markennamen oder Phantasiebezeichnungen, die in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung für ein Lebensmittel verwendet werden und als nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe aufgefasst werden können, dürfen ohne die in dieser Verordnung vorgesehenen Zulassungsverfahren verwendet werden, sofern der betreffenden Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist, die dieser Verordnung entspricht.
BVerwG, Beschl. v. 24.5.2019, 3 B 53.18, Tz. 10 - Gelenk-Tabletten plus
Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 verweist auf die Anforderungen der Verordnung - und damit auch Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Dies gilt zwar nicht für den Markennamen selbst, der von einer isolierten Prüfung freigestellt wird. Den Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 muss aber die erforderliche Begleitangabe entsprechen.
BVerwG, Beschl. v. 24.5.2019, 3 B 53.18, Tz. 12 f - Gelenk-Tabletten plus
Die "Kopplungslösung" respektiert einerseits die markenrechtlich geschützte Bezeichnung und entbindet entsprechende Produkte von der grundsätzlich geltenden Zulassungspflicht. Sie verlangt andererseits aber die Beifügung einer zusätzlichen Angabe, die der Verordnung entspricht, und gewährleistet damit die Einhaltung der hierfür statuierten materiellen Anforderungen. Markennamen, die nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben enthalten könnten, werden so durch die "gekoppelte" Begleitangabe flankiert. Irreführungen, die bei isolierter Verwendung des Markennamens möglicherweise entstehen könnten, sollen so vermieden werden.
Aus dieser Zielrichtung der geforderten Begleitangabe folgt auch, dass diese inhaltlich auf den Markennamen bezogen sein muss (Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, HCVO Rn. 75). Andernfalls wäre die Beifügung nicht nur sinnlos, sondern irreführend (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band II, Stand: November 2018, C 111, Art. 1 Rn. 39).
BVerwG, Beschl. v. 24.5.2019, 3 B 53.18, Tz. 16 - Gelenk-Tabletten plus
Enthält der Markenname gesundheitsbezogene Angaben, die so unspezifisch sind, dass sie nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein könnten, ist die erforderliche Begleitangabe an den Anforderungen aus Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 zu messen (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 13 - Vitalpilze).
BVerwG, Beschl. v. 24.5.2019, 3 B 53.18, Tz. 16 - Gelenk-Tabletten plus
Wie eng der inhaltliche Bezug der Begleitangabe zu der Bezeichnung im Markennamen sein muss, lässt sich nicht in abstrakter Weise bestimmen. Auch insoweit ist das Berufungsgericht aber in Bezug auf die rechtlichen Maßstäbe von zutreffenden Erwägungen ausgegangen: Es hat insbesondere auf die Wirkungszusammenhänge der angegebenen Inhaltsstoffe mit den in Bezug genommenen Körperfunktionen und die Vermeidung einer Irreführung abgestellt.
Art. 28 Abs. 2 HCVO
Produkte mit bereits vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen, die dieser Verordnung nicht entsprechen, dürfen bis zum 19. Januar 2022 weiterhin in den Verkehr gebracht werden; danach gelten die Bestimmungen dieser Verordnung.
EuGH, Urt. v. 18.7.2013, C-299/12, Tz. 32 - Green – Swan Pharmaceuticals
Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1924/2006 ist dahin auszulegen ist, dass eine auf der Verpackung eines Lebensmittels angebrachte kommerzielle Mitteilung eine Handelsmarke oder einen Markennamen im Sinne dieser Vorschrift darstellen kann, sofern sie nach den anwendbaren Rechtsvorschriften als solche Marke oder als solcher Name geschützt ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache zu überprüfen, ob eine solche Mitteilung tatsächlich eine so geschützte Handelsmarke oder ein so geschützter Markenname ist.
Ebenso OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.f
EuGH, Urt. v. 18.7.2013, C-299/12, Tz. 37 - Green – Swan Pharmaceuticals
Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1924/2006 ist dahin auszulegen, dass er sich nur auf Lebensmittel bezieht, die mit einer Handelsmarke oder einem Markennamen versehen sind, die oder der als eine nährwert‑ oder gesundheitsbezogene Angabe im Sinne dieser Verordnung aufzufassen ist, und die in dieser Form vor dem 1. Januar 2005 bestanden.
BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 46 f – Lernstark
Produkte mit bereits vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen, die dieser Verordnung nicht entsprechen, dürfen nach der Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bis zum 19. Januar 2022 weiterhin in den Verkehr gebracht werden; erst danach gelten die Bestimmungen der Verordnung. Ferner dürfen gemäß Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Handelsmarken, Markennamen oder Phantasiebezeichnungen, die in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung für ein Lebensmittel verwendet werden und als nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe aufgefasst werden können, ohne die in dieser Verordnung vorgesehenen Zulassungsverfahren verwendet werden, wenn der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist, die dieser Verordnung entspricht.
Selbst wenn es nach diesen Bestimmungen zulässig ist, eine bestimmte Bildmarke in der Aufmachung eines Lebensmittels zu verwenden, kann diese Bildmarke bei der Prüfung berücksichtigt werden, ob der angesprochene Verkehr bei der gebotenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Bildmarke in weiteren Angaben gesundheitsbezogene Angaben sieht, die in der Aufmachung dieses Lebensmittels mangels Zulassung nicht verwendet werden dürfen.
EuGH, Urt. v. 23.11.2016, C-177/15 - Nelson
Art. 28 Abs. 2 erster Halbsatz der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung auf ein mit einer Handelsmarke oder einem Markennamen versehenes Lebensmittel anwendbar ist, das vor dem 1. Januar 2005 als Arzneimittel und danach - mit den gleichen materiellen Eigenschaften und unter derselben Handelsmarke oder demselben Markennamen - als Lebensmittel vermarktet wurde.
Zum aktuellen Stand des Verfahrens: BGH, Urt. v. 21.9.2017, I ZR 29/13 – RESCUE-Produkte II
Siehe dazu auch
OLG Frankfurt, Urt. v. 15.1.2015, 6 U 67/11, Tz. 31f
Der Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 HCVO spricht dafür, dass nur die Fortsetzung des Vertriebs der schon vor dem Stichtag vertriebenen Produkte privilegiert ist. Denn dort heißt es, dass „Produkte“ mit den fraglichen Marken „weiterhin“ in den Verkehr gebracht werden dürfen. Es geht also um den Weitervertrieb der konkreten Produkte, nicht um bloßen Bestandsschutz für die Marke. In diesem Sinn ist auch die Rechtsprechung des EuGH zu verstehen. Danach ist Art. 28 Abs. 2 HCVO dahin auszulegen, dass er sich nur auf Lebensmittel bezieht, die mit einer Handelsmarke oder einem Markennamen versehen sind, die oder der als eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe im Sinne dieser Verordnung aufzufassen ist, und die in dieser Form vor dem 1. Januar 2005 bestanden (EuGH, GRUR 2013, 1061 Rn. 37 - Green-Swan Pharmaceuticals). Die Wendung „in dieser Form“ bezieht sich auf die „Lebensmittel“. Es reicht also nicht aus, wenn es vor 2005 überhaupt Produkte mit der beanstandeten Kennzeichnung gab. Vielmehr geht es um die Fortsetzung des Vertriebs der schon vor dem Stichtag vertriebenen Produkte. Darin liegen auch Sinn und Zweck der Übergangsregelung. Im Erwägungsgrund 33 der Verordnung heißt es, angemessene Übergangsmaßnahmen seien erforderlich, damit sich die Lebensmittelunternehmer an die Bestimmungen dieser Verordnung anpassen können. Dies spricht für einen produktbezogenen Bestandsschutz und gegen einen produktunabhängigen Schutz der Marken.
Andererseits bedeutet dies nicht, dass jegliche Veränderung und Anpassung des Produkts und seiner Aufmachung ausgeschlossen wären (vgl. Hüttebräuker, ZLR 2013, 578, 585; vgl. auch Ziegler, ZLR 2007, 529, 536). Schon mit Blick auf die ungewöhnliche Länge der Übergangsfrist bis 2022 kann nicht verlangt werden, dass schon geringe Änderungen der Rezeptur, der Verpackungsaufmachung, der Darreichungsform, etc. unterbleiben müssen, um im Anwendungsbereich der Übergangsregelung verbleiben zu können. Es ist stets zu fragen, ob noch das ursprüngliche - modifizierte - Produkt weitervertrieben wird oder ob es sich um ein neues Produkt handelt.
OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.f
Nach Art. 28 Abs. 2 HCVO ist ausschließlich das deutsche Recht für die Markengeltung maßgeblich ist, müsste der fragliche Tee zumindest ab dem 01.01.2005 auf deutschem Gebiet Markengeltung besitzen.
Zwar setzt ein markenrechtlicher Schutz nicht zwangsläufig eine Eintragung der Marke voraus. Vielmehr genügt auch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erlangt hat (§ 4 Nr. 2 MarkenG).
OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.f
Da die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 2 HCVO lediglich einen Bestandsschutz gewähren soll, kann sie nur dann angewendet werden, wenn die vor dem 01.01.2005 unter dieser Bezeichnung in den Verkehr gebrachten Lebensmittel im Hinblick auf Rezeptur oder Eigenschaften nicht von denen abweichen, die Gegenstand des Unterlassungsbegehrens sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.2.2014, I ZR 178/12, Tz. 37 – Praebiotik).
Art. 28 Abs. 5 HCVO (Unbeschiedene gesundheitsbezogene Angaben)
KG, Beschl. v. 18.2.2022, 5 U 1007/20, Tz. 66
Sinn und Zweck der Regelung des Art. 28 Abs. 5 HCVO ist nach Erwägungsgrund 35 der HCVO, dass der Lebensmittelunternehmer, der eine von der HCVO regulierte gesundheitsbezogene Angabe zur Produktwerbung verwendet, sein Verhalten an die Bestimmungen der HCVO anpassen können soll. Dementsprechend kann er bis zur Aufnahme seiner Angabe in die Liste nach Art. 13 HCVO auf die Möglichkeit der Verwendung weiter vertrauen, wenn gleichzeitig sichergestellt ist, dass der oben beschriebene und in Erwägungsgrund 1 und 10 zum Ausdruck kommende Verbraucherschutz gewährleistet wird. Anders ist es jedoch wenn über Anmeldungen von Herstellern zu gesundheitsbezogenen Angaben in Bezug auf die in dem Produkt der Beklagten vorkommenden Bestandteile einfache und oligomere Flavanole und Polyphenole aus Vitis vinifera Kernen und Extrakt aus französischem Pinus maritima Cortex bereits durch die EFSA abschlägig beschieden wurde bzw. die Anträge bereits zurückgenommen worden sind. Denn dann kann der Lebensmittelunternehmer nicht mehr darauf vertrauen, dass eine Zulassung der gesundheitsbezogenen Angabe noch erfolgen wird.
KG, Urt. v. 7.11.2017, 5 U 9/17 (MD 2018, 115)
Art. 28 Abs. 5 HCVO erfasst nur Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 lit. a HCVO (also andere gesundheitsbezogene Angaben als Angaben gemäß Art. 14 Abs. 1 HCVO über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos).
Gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe a dürfen ab Inkrafttreten dieser Verordnung bis zur Annahme der in Artikel 13 Absatz 3 genannten Liste unter der Verantwortung von Lebensmittelunternehmern verwendet werden, sofern die Angaben dieser Verordnung und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen; dies gilt unbeschadet der Annahme von Schutzmaßnahmen gemäß Artikel 24.
Die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 5 HCV ist weitgehend obsolet. Sie gilt nur noch für Lebensmittelsubstanzen, über die von der EU im Rahmen der genannten Verordnung noch nicht entschieden wurde, sofern die Zulassung gesundheitsbezogener Angaben rechtzeitig beantragt wurde. Für alle anderen gesundheitsbezogenen Angaben gilt: Sie müssen erst ein Nachzulassungsverfahren bestehen, bevor die Angabe verwendet werden darf.
Beantragt, aber nicht beschieden sind zahlreiche Health-Claims zu sog. Botanicals (pflanzliche Stoffe).
Dazu Vorlage des BGH an den EuGH:
BGH, Beschl. v. 1.6.2023 - I ZR 109/22, LS - Botanicals
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird wird zur Auslegung der Art. 10 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ... folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Darf für pflanzliche Stoffe ("Botanicals") mit gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) bzw. mit Verweisen auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) geworben werden, ohne dass diese Angaben gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 der Verordnung aufgenommen sind (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung) bzw. ohne dass diesen Verweisen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 der Verordnung enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung), solange die Bewertung der Behörde und die Prüfung der Kommission über die Aufnahme der zu "Botanicals" angemeldeten Angaben in die Gemeinschaftslisten gemäß Art. 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 noch nicht abgeschlossen sind?
Hintergrund dieser Anfrage ist in erster Linie, dass viele Health Claims für Botanicals seit mittlerweile 15 Jahren 'on hold' sind und nicht damit zu rechnen ist, dass bald über sie entschieden wird (BGH, Beschl. v. 1.6.2023 - I ZR 109/22, Tz. 24 ff - Botanicals).
Zur Rechtsprechung der deutschen Gerichte im Übrigen:
OLG Dresden, Urt. v. 24.9.2021, 14 U 156/21, B.I.5.2
Die bei der Kommission „on hold“ gehaltenen Angaben zu Botanicals müssen gemäß Art. 28 Abs. 5 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 HCVO wissenschaftlich abgesichert sein, um sie verwenden zu dürfen.
OLG Hamburg, Hinweisbeschl. v. 18.1.2023, 3 U 24/22
Auch die bei der Kommission „on hold" gehaltenen Angaben zu Botanicals gem. Art. 28 Abs. 5 i.V.m. Art. 5, Art. 6 HCVO müssen wissenschaftlich abgesichert sein, um verwendet werden zu dürfen. So muss nachgewiesen werden, dass der betreffenden Substanz die behauptete Wirkung tatsächlich zukommt (Art. 5 Abs. 1 lit. a HCVO), dass die Substanz in den Produkten des Verwenders in relevanter Menge vorhanden ist (Art. 5 Abs. 1 lit. b HCVO), dass sie in bioverfügbarer Form vorliegt (Art. 5 I lit. c HCVO) und bei einem vernünftigerweise zu erwartenden Verzehr die vom Verwender behauptete Wirkung zu erzielen vermag (Art. 5 Abs. 1 lit. d HCVO).
OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021, 13 U 21/20, II.2.d.2
Die EU-Kommission hat ihr zur Prüfung vorgelegte Angaben zu Botanicals, deren Bewertung durch die Behörde oder deren Prüfung durch die Kommission noch nicht abgeschlossen ist, auf der Website der Kommission veröffentlicht. Diese Angaben dürfen gemäß Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO weiterhin verwendet werden (vgl. Erwägungsgrund 10 und 11 zur VO (EU) Nr. 432/212 und Erwägungsgrund 5 zur VO (EU) Nr. 536/2013).
OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021, 13 U 21/20, II.2.d.2/3
Der Botanical-Einwand hat allenfalls im Hinblick auf solche gesundheitsbezogenen Angaben Erfolg haben, die zur Prüfung angemeldet worden sind und nach Mitteilung der Kommission "on hold" gehalten werden (Meisterernst/Haber, WRP 2019, 413, 418).
Unabhängig von der Frage der Antragstellung dürfen gesundheitsbezogene Angaben, die sich auf ein Botanical beziehen, jedenfalls nicht erfolgen, ohne weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Sie müssen nach Art. 28 Abs. 5 HCVO insbesondere der HCVO entsprechen. Die Angaben müssen sich insbesondere nach Art. 5 Abs. 1a), Art. 6 Abs. 1 HCVO auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und abgesichert sein.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.12.2022, 4 U 225/22, II.2.b (bei juris)
Da ein Antrag auf Aufnahme in die Liste gestellt wurde, über den noch keine Entscheidung ergangen ist – sogenannter on-hold-claim –, dürfen die streitgegenständlichen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Art. 28 Abs. 5 HCVO weiterverwendet werden, sofern die Angaben der Verordnung und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen. Demnach muss gemäß Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 HCVO anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweise nachgewiesen und durch diese Nachweise abgesichert sein, dass das Vorhandensein der Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, eine positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung hat.
Dies bedeutet, dass ein Lebensmittelunternehmer, der sich dafür entscheidet, eine gesundheitsbezogene Angabe zu verwenden, im Rahmen der in Art. 28 Abs. 5 HCVO vorgesehenen Übergangsmaßnahme in eigener Verantwortung die Wirkungen des Stoffes, auf den sich die Angabe bezieht, auf die Gesundheit kennen und in der Lage sein muss, diese Wirkungen durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise zu begründen. Die gesundheitsbezogenen Angaben müssen eine objektive, wissenschaftliche Grundlage haben und über die positive Wirkung der Stoffe, auf die sie sich beziehen, muss ausreichende Einigkeit in der Wissenschaft bestehen. Für die wissenschaftliche Absicherung sollten alle verfügbaren wissenschaftlichen Daten berücksichtigt und die Nachweise abgewogen werden. Als Nachweise können die Unterlagen vorgelegt werden, die sich in dem Dossier befinden, das zur Stützung des Antrags auf Aufnahme in die Liste gemäß Art. 13 Abs. 3 HCVO erstellt wurde. Sofern sie einen hinreichenden wissenschaftlichen Wert haben, können die Nachweise aber auch aus anderen Quellen stammen (zum Ganzen EuGH, Urt. v. 10.9.2020, C-363/19 – „Konsumentombudsmannen gegen Mezina AB", Tz. 43 ff.; vgl. auch Seehafer ZLR 2021, 271 ff.).
Der entsprechende Nachweis obliegt dem Lebensmittelunternehmer.
Art. 28 Abs. 5 ändert somit nichts daran, dass der Werbende nachzuweisen hat, dass die von ihm verwendete gesundheitsbezogene Angabe wissenschaftlich allgemein anerkannt ist (s.a. OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.2.a.dd; OLG Celle, Beschl. v. 18.6.2018, 13 U 35/18, Tz.26; OLG Köln, Urteil vom 6.11.2015, 6 U 66/15, II.2.b.bb.(3) (= MD 2016, 213)). Die Angaben müssen außerdem inhaltlich dem entsprechen, was zur Zulassung beantragt wurde (OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.2.a.dd).
Health-Claims zu Botanicals, die nicht vor dem 19.1.2008 beantragt wurden, dürfen vor einer Zulassung infolge eines späteren Antrags unter keinen Umständen verwendet werden (OLG Frankfurt, Urt. v. 29.5.2019, 6 U 38/18, II.2). Zu Soja OLG Celle, Beschl. v. 18.6.2018, 13 U 35/18, Tz. 32; OLG Celle, Urt. v. 22.10.2015, 13 U 123/14, B.II.3: "Die Kommission hat sämtliche beantragten gesundheitsbezogenen Angaben zu Sojaprotein, Soja und Soja-Inhaltsstoffen nach Bewertung durch die EFSA umfassend abgelehnt und als „non-authorised“ bezeichnet.".
Zu Art. 28 Abs. 5 HCVO ansonsten:
OLG Hamburg, Urt. v. 21.6.2012, 3 U 97/11, II.3.f.aa (= MD 2012, 845, 851)
Bislang wurde zwar diskutiert, ob Art. 28 Abs. 5 HCV bereits mit lnkrafttreten der ersten Teilliste obsolet werde . ... Allerdings sprach bereits der Wortlaut von Art. 28 Abs. 5 HCV von der Annahme "der in Art. 13 Abs. 3 genannten Liste", was als Hinweis darauf gedeutet wurde, dass Art. 28 Abs. 5 HCV bis zur vollständigen Abarbeitung der Liste gelten sollte.
Diese Auslegung wird durch Erwägungsgrund 11 der EGV Nr. 432/2012 gestützt. Nach Erwägungsgrund 11 der EGV Nr. 432/2012 sollen für die noch nicht geprüften pflanzlichen Stoffe weiterhin die Übergangsvorschriften des Art. 28 Abs. 5 und 6 HCV gelten.
OLG Celle, Urt. v. 22.10.2015, 13 U 47/15, Tz. 64
Die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 5 HCVO ist nach Annahme der Gemeinschaftsliste VO(EU) 432/2012 (einschließlich deren Ergänzungen durch VO(EU) 536/2013, VO(EU) Nr. 1018/2013, VO(EU) 40/2014 und VO(EU) 2015/7) nur noch hinsichtlich der Angaben anwendbar, deren Bewertung durch die Behörde oder deren Prüfung durch die Kommission noch nicht abgeschlossen ist (Erwägungsgrund Nr. 10 (VO(EU) 432/2012).
Ebenso OLG Celle, Urt. v. 22.10.2015, 13 U 123/14, B.II.1.b; OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.4; OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021, 13 U 21/20, II.2.c.1
OLG Köln, Urt. v. 6.11.2015, 6 U 65/15, Tz. 53
Da die Liste der zugelassenen Angaben bis heute nicht vollständig ist, greift für noch nicht gelistete gesundheitsbezogene Angaben i.S.d. Art. 13 Abs. 1 a) HCVO die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 5 HCVO. Danach dürfen solche Angaben verwendet werden, sofern sie der HCVO und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen.
Ebenso OLG Köln, Urteil vom 6.11.2015, 6 U 66/15, II.2.b.bb (= MD 2016, 213)
OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.e
Die Ausnahmeregelung bezieht nur auf die Angabe eines "Nährstoffs" oder einer "anderen Substanz" (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit a) HCVO) und nicht auf das gesamte Produkt. Für dieses gelten jedenfalls insoweit, als spezifische gesundheitsbezogene Angaben vorliegen uneingeschränkt die Anforderungen der Art. 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 HCVO.
Vgl. auch OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.2.a.dd.
Die Berufung auf die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 5 HCVO setzt voraus, dass im Zusammenhang mit der gesundheitsbezogenen Angabe auch die Informationspflichten des Art. 10 Abs. 2 HCVO erfüllt werden.
EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-609/12, Tz. 35 - Monsterbacke
Im Rahmen der in Art. 28 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1924/2006 vorgesehenen Übergangsmaßnahme musste nämlich ein Unternehmer, der sich zur Verwendung einer gesundheitsbezogenen Angabe entschieden hatte, in eigener Verantwortung die Wirkungen des betreffenden Lebensmittels auf die Gesundheit kennen und somit bereits über die von Art. 10 Abs. 2 der Verordnung geforderten Informationen verfügen.
Art. 28 Abs. 6 HCVO
Für gesundheitsbezogene Angaben, die nicht unter Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a fallen und unter Beachtung der nationalen Rechtsvorschriften vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung verwendet wurden, gilt Folgendes:
a) Gesundheitsbezogene Angaben, die in einem Mitgliedstaat einer Bewertung unterzogen und zugelassen wurden, werden nach folgendem Verfahren zugelassen:
i) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission spätestens bis zum 31. Januar 2008 die betreffenden Angaben sowie den Bericht mit der Bewertung der zur Absicherung der Angaben vorgelegten wissenschaftlichen Daten;
ii) nach Anhörung der Behörde fasst die Kommission nach dem in Artikel 25 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle einen Beschluss über die gesundheitsbezogenen Angaben, die auf diese Weise zugelassen wurden, zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung.
Gesundheitsbezogene Angaben, die nicht nach diesem Verfahren zugelassen wurden, dürfen bis zu sechs Monate nach Erlass des Beschlusses weiter verwendet werden.
b) Gesundheitsbezogene Angaben, die keiner Bewertung in einem Mitgliedstaat unterzogen und nicht zugelassen wurden, dürfen weiterhin verwendet werden, sofern vor dem 19. Januar 2008 ein Antrag nach dieser Verordnung gestellt wird; gesundheitsbezogene Angaben, die nicht nach diesem Verfahren zugelassen wurden, dürfen bis zu sechs Monate nach einer Entscheidung im Sinne des Artikels 17 Absatz 3 weiter verwendet werden.
KG, Urt. v. 10.7.2015, 5 U 154/14, B.1.d
Art. 28 Abs. 6 HCVO enthält Übergangsregelungen nur für gesundheitsbezogene Angaben, die nicht unter Art. 13 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 14 HCVO fallen. Sie gilt nicht für gesundheitsbezogene Angaben, die die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Körperfunktionen beschreiben, also Angaben im Sinne des Art.13 Absatz 1 lit. a) HCVO.
EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-609/12, Tz. 35 - Monsterbacke
Art. 28 Abs. 6 bezieht sich auf gesundheitsbezogene Angaben, die im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1924/2006, d. h. vor dem 19. Januar 2007, verwendet wurden. Art. 28 Abs. 6 der Verordnung findet auf Angaben, die danach eingeführt wurden keine Anwendung.
BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 29 - Praebiotik
Bei der Prüfung, ob eine verwendete gesundheitsbezogene Angabe inhaltlich mit einer im Sinne von Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 angemeldeten Angabe übereinstimmt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (OLG Hamburg, WRP 2013, 99, 101; Meisterernst in Meisterernst/Haber aaO Art. 28 Rn. 28h). Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung. Danach kann diejenige Angabe weiterhin verwendet werden, hinsichtlich deren ein Antrag nach der Verordnung gestellt worden ist. Es muss sich also um die nämliche Angabe handeln. Auch der Sinn und Zweck sowie die Systematik der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 sprechen dafür, an die Übereinstimmung der verwendeten mit der beantragten Angabe strenge Anforderungen zu stellen. Die Übergangsbestimmung des Art. 28 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist eine Ausnahme vom Verbotstatbestand des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung. Das dort statuierte grundsätzliche Verbot der Verwendung nicht zugelassener Angaben dient dem Zweck der Richtlinie, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten (Erwägungsgründe 1, 36). Aus der systematischen Konzeption der Verordnung, wonach die Zulassung von gesundheitsbezogenen Angaben grundsätzlich die Aufnahme in eine Positivliste nach einer wissenschaftlichen Nachprüfung voraussetzt, folgt ferner, dass dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit besondere Bedeutung zukommt (vgl. auch Erwägungsgrund 31). Damit stünde es nicht im Einklang, im Wege einer extensiven Anwendung der Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 die Verwendung von Angaben zu gestatten, die sich nicht eng mit der beantragten Angabe decken.
Beispiel
BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 30f - Praebiotik
In der angemeldeten Angabe wird einem Inhaltsstoff ("fibre", also "Faser/Ballaststoff") eine probiotische Wirkung zur Unterstützung der Entwicklung einer gesunden Darmflora zugeschrieben. Dagegen handelt es sich bei dem von der Beklagten verwendeten Begriff "Praebiotik®" um ein Kunstwort, das der Verbraucher ... als Marke und damit als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen versteht. Dass das Markenwort sich an den Begriff "Praebiotikum" anlehnen und im Sinne eines sprechenden Zeichens beschreibende Anklänge im Sinne eines Mittels mit probiotischer Wirkung aufweisen mag, ändert nichts daran, dass der Begriff eindeutig als ein Kennzeichen gebildet ist und auch als solches erkannt wird.
Zwischen einem markentypisch auf ein einziges Unternehmen hinweisenden Kennzeichen und der - zudem von einem Verband zugunsten einer Vielzahl von in Betracht kommenden Verwendern angemeldeten - rein beschreibenden Angabe eines Inhaltsstoffs besteht aber ein grundlegender inhaltlicher Unterschied, der der Anwendung der Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 6 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 entgegensteht.
OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.I.2.dd (WRP 2018, 489)
Ausweislich Erwägungsgrund 11 der VO (EU) Nr. 432/2012 dürfen Angaben, deren Bewertung noch nicht abgeschlossen ist, gemäß Art. 28 Abs. 5 und 6 HCV weiter verwendet werden. Dies gilt allerdings nur, wenn deren weiteren Voraussetzungen vorliegen. Daran fehlt es wenn:
Im Hinblick auf das beworbene Produkt selbst keine Zulassungsanträge gestellt wurden.
Selbst wenn dies der Fall ist, müssen die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen, die auch bei einem zugelassenen Claim Voraussetzung für dessen Verwendung sind (OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.I.2.dd (WRP 2018, 489)).
Ausnahmen
Art. 1 Abs. 4 HCVO
BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 46, 49 – Bekömmliches Bier
In Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 heißt es, allgemeine Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben könnte, wie zum Beispiel "Digestif" oder "Hustenbonbon", sollten von der Anwendung dieser Verordnung ausgenommen werden. Dementsprechend bestimmt Art. 1 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, dass bei allgemeinen Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden und die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können, eine Ausnahme von Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erlassen werden kann. Daraus folgt allerdings nur, dass Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden und die auf Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hindeuten, grundsätzlich von der Verordnung er-fasst werden und nur ausnahmsweise von der Anwendung der Verordnung ausgenommen werden können. ...
... Bei allgemeine Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Ge-tränken verwendet werden und die auf Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hindeuten können, handelt es sich - wie die im Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genannten Beispiele "Digestif" und "Hustenbonbon" zeigen - um Gattungsbezeichnungen, die eine gesundheitsbezogene Angabe enthalten. Der Begriff "Bier" als Kategorie alkoholischer Getränke enthält keine derartige gesundheitsbezogene Angabe, "bekömmliches Bier" ist demgegenüber keine Kategorie von alkoholischen Getränken, genauso wenig wie "bekömmlicher Wein".
OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.3
Nach Art. 1 Abs. 4 HCV kann im Fall allgemeiner Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden und die auf Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hindeuten könnten, auf Antrag der betroffenen Lebensmittelunternehmer eine Ausnahme von Art. 1 Abs. 3 HCV, d. h. von der Pflicht, der an sich allgemeinen gesundheitsbezogenen traditionellen Angabe eine nährwert- und gesundheitsbezogene Angabe beizufügen, erlassen werden. Zu den traditionellen Angaben i. S. v. Art. 1 Abs. 4 HCV gehört gemäß Erwägungsgrund 5 der HCV die Angabe „Hustenbonbon“ (und Digestif).
Die Angabe „Gut für die Stimme“ ist nicht identisch mit der Angabe „Hustenbonbon“. Sie fällt daher nicht unter die eng auszulegende Ausnahme von Art. 1 Abs. 4 VNGA bzw. den Erwägungsgrund 5 der VNGA.
Zitiervorschlag zur aktuellen Seite
Omsels, Online-Kommentar zum UWG: