Mit Wirkung ab dem 28.5.2022 hat der Gesetzgeber in § 5a Abs. 4 UWG eine einschränkende Definition des Begriffs des kommerziellen Zwecks eingeführt. Danach liegt ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.
Damit scheint der Gesetzgeber von der Rechtsprechung des BGHs abzuweichen, der es für die Annahme eines kommerziellen Zwecks bei der Werbung für einen Dritten ausreichen ließ, dass der Beitrag einen werblichen Überschuss hatte, indem ein Influencer etwa einen Tap Tag mit einer Internetseite des beworbenen Unternehmers verlinkte (vgl. etwa BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 61 - Influencerin I).
Maßgeblich ist bei einer Handlung (Werbung) für ein fremdes Unternehmen nunmehr dem Wortlaut nach ausschließlich, ob der Werbende dafür vom beworbenen Unternehmen eine Gegenleistung erhalten hat oder ob ihm eine Gegenleistung versprochen wurde.
Allerdings ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass § 5a Abs. 4 S. 2, 3 UWG nur für Personen gelten soll, die nicht selbst unternehmerisch handeln. So heißt es in BT-Drcks. 19/27873, S. 34:
"Die Richtlinie 2005/29/EG definiert zwar den Begriff der erfassten Geschäftspraktiken mit einer besonders weiten Formulierung. Diese Praktiken müssen jedoch gewerblicher Natur sein, das heißt von Gewerbetreibenden ausgeübt werden und unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung ihrer Produkte an Verbraucherinnen und Verbraucher zusammenhängen (EuGH, Urt. v. 17. 10. 2013 – C-391/12 (RLvS Verlagsgesellschaft) = GRUR 2013, 1245, Rn. 37). Handlungen, die ausschließlich zur Förderung von fremden Unternehmen führen, werden somit nicht erfasst, so dass insoweit Spielraum für Regelungen im deutschen Recht besteht. Die neue Regelung soll insbesondere einen sicheren Rechtsrahmen für Handlungen von Influencerinnen und Influencern bieten, wenn diese Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne davon selbst unmittelbar finanziell zu profitieren."
Der Gesetzgeber geht in dieser Begründung davon aus, dass Influencer nicht selbst unternehmerisch, d.h. für ein eigenes Unternehmen handeln. Dies entspricht aber nicht der Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 33 f - Influencerin III).
Eine mittelbare Begünstigung, bei der die Vergünstigung den Werbenden über Umwege erreicht, soll ausreichen. So heißt es in BT-Drcks. 19/27873, S. 34:
"Die Gegenleistung muss von dem Unternehmer veranlasst worden sein, zugunsten dessen die Handlung erfolgt. Wird die Gegenleistung über beauftragte Dritte wie zum Beispiel eine Agentur gewährt, wird dies dem Unternehmer nach allgemeinen Grundsätzen zugerechnet."
Zur Gegenleistung im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 7 Medienstaatsvertrag hat der BGH festgehalten:
BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 75 f - Influencer III
Unter einem Entgelt oder einer ähnlichen Gegenleistung im Sinne ... des § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV ist neben Geld- oder Sachleistungen jede geldwerte Gegenleistung zu verstehen. Der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienende Angaben einer Influencerin sind daher als Werbung im Sinne von ... § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV anzusehen, wenn der hierdurch begünstigte Unternehmer zwar keine Geldzahlung geleistet, jedoch das dargestellte Produkt zur Verfügung gestellt hat. Stellt der durch die Angabe begünstigte Unternehmer das Produkt kostenlos und in der naheliegenden und daher regelhaft anzunehmenden Erwartung bereit, dass die Influencerin über das Produkt berichten werde, wird die Angabe gegen eine Gegenleistung gemacht.
Eine für geldwerte Vorteile geltende Geringfügigkeitsschwelle sieht § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV nicht vor.
In BT-Drcks. 19/27873, S. 34 heißt es:
"Der Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ umfasst auch Provisionen, Produkte, die von dem fremden Unternehmen zugesandt wurden und die der Handelnde nutzen oder behalten darf, sowie Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen. Die Gegenleistung kann auch vorübergehender Natur sein. Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit, zum Beispiel von Influencerinnen und Influencern, durch solche Handlungen kann hingegen nicht als Gegenleistung gewertet werden."
Es wird vermutet, dass der Werbende für seinen Beitrag eine Gegenleistung vom beworbenen Unternehmen erhalten oder sich versprechen lassen hat. Der Werbende kann aber glaubhaft machen, dass dies nicht der Fall war.
§ 5a Abs. 4 S.2 und 3 UWG gilt als Influencer-Klausel. Auf die Regelung kann sich aber jeder berufen, der nicht ohne weiteres erkennbare Werbung für einen Dritten oder dessen Produkte macht.