Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Form, Art und Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung

1. Allgemeine Anforderungen

Vor Abgabe der Willenserklärung

Klar und verständlich

2. Form bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

3. Form bei Fernabsatzverträgen

4. Bestätigung nach Vertragsschluss (§ 312f BGB)

a. Bestätigung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

b. Bestätigung bei Fernabsatzverträgen

c. Lieferung von Daten

5. Textform

6. Rechtslage vor dem 13. Juni 2014

Die formellen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung ergeben sich aus Art. 246a § 4 EGBGB bzw. Art. 246a § 2 S. 2 EGBGB bzw. für besondere Vertragstypen aus den sich daran anschließenden Vorschriften.

Allgemeine Anforderungen

Nach Art. 246a § 4 EGBGB müssen dem Verbraucher die Informationen nach Art. 246a § 1 bis 3 EGBGB, die auch die Widerrufsbelehrung in Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB einschließt,

  • vor Abgabe von desses Vertragserklärung
  • in klarer und verständlicher Weise

zur Verfügung gestellt werden.

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Vor Abgabe der Willenserklärung

'Vor Abgabe' bedeutet nicht räumlich vor dem Bestellbutton, sondern zeitlich vor der Vertragserklärung.

OLG Köln, Urt. v. 8.5.201, 6 U 137/14, Tz. 37

Die Vorschrift des Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB, ebenso wie die gleichlautende Bestimmung des § 312j Abs. 2 BGB, ist nicht so zu verstehen, dass die entsprechenden Informationen räumlich „vor“ im Sinn von „oberhalb“ zu erteilen sind. „Vor“ ist primär zeitlich in dem Sinn zu verstehen, dass der Verbraucher die Information erhält, „bevor“ er seine Erklärung abgibt. Räumlich genügt es, auch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass sich die Informationen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Schaltfläche, durch deren Betätigung der Verbraucher seine vertragliche Erklärung abgibt, erteilt werden.

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Klar und verständlich

Klar und verständlich heißt nicht hervorgehoben. Zur Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehensverträgen:

BGH, Urt. v. 23.2.2016, XI ZR 101/15, Tz. 24

Artikels 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB kann … kein Erfordernis einer besonderen Hervorhebung entnommen werden. Vielmehr wird dort lediglich gefordert, dass bestimmte Pflichtangaben "klar und verständlich" sein müssen, ohne dass damit auch deren Hervorhebung angeordnet wird. Eine Information kann ohne weiteres auch dann "klar und verständlich" sein, wenn sie nicht grafisch hervorgehoben wird.

Ankreuzoptionen stehen der Klarheit und Verständlichkeit nicht entgegen.

BGH, Urt. v. 23.2.2016, XI ZR 101/15, Tz. 41 ff

Die Widerrufsinformation der Beklagten hält auch hinsichtlich der Verwendung von Ankreuzoptionen dem ... Maßstab des Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB stand, wonach die Widerrufsinformation klar und verständlich sein muss.

Eine Widerrufsinformation darf zwar grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten, womit die durch die Vorgaben ihrer Klarheit und Verständlichkeit bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf sichergestellt werden soll. Bei Ankreuzoptionen in einer formularmäßigen Widerrufsinformation handelt es sich jedoch, wie sich bereits aus deren optionalem Charakter ergibt, um die Widerrufsinformation selbst, soweit sie vom Verwender tatsächlich angekreuzt wurde. Nicht vom Verwender markierte Optionen hingegen stellen keine Zusätze zur Information dar, sondern werden schlicht nicht Vertragsbestandteil.

Der Empfänger eines Vertragsformulars braucht nur den ihn betreffenden Vertragstext zu lesen, der ihm vom Verwender durch das Markieren von Textvarianten kenntlich gemacht wird. Die Gefahr, dass sich ein Verbraucher auch mit nicht angekreuzten Textvarianten befasst und dadurch abgelenkt oder irritiert wird, ist demgegenüber gering. Vielmehr wird sich auch ein flüchtiger und erst Recht ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher regelmäßig nur mit denjenigen Textvarianten beschäftigen, die markiert sind.

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Form bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss der Unternehmer die lesbare Belehrung auf Papier zur Verfügung stellen. Nur wenn der Verbraucher zustimmt, kann die Belehrung auch auf einem anderen dauerhaften Datenträger übergeben werden (Art. 246a § 4 Abs. 2 EGBGB). Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB kann die Muster-Widerrufsbelehrung in 'Textform' (einschließlich einem dauerhaften Datenträger) übermittelt werden.

Die Person des Unternehmers muss genannt werden. Dazu wird die vollständige Firma angegeben werden müssen. Ein Anschrift ist nicht erforderlich. Wem gegenüber der Widerruf ausgeübt werden muss, ergibt sich aus dem Inhalt der Widerrufsbelehrung, der anderweitig geregelt ist.

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Form bei Fernabsatzverträgen

Bei einem Fernabsatzvertrag muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen

in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise

zur Verfügung stellen (Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB). Soweit er einen dauerhaften Datenträger verwendet, müssen die Informationen darauf lesbar sein. Lesbar bedeutet nicht nur, dass die Informationen von einem Normalsichtigen unproblematisch gelesen werden können. Lesbar heißt auch, dass die Informationen in einem Datenformat zur Verfügung gestellt werden müssen, das allgemein verbreitet ist, z.B. als pdf.

Die Person des Unternehmers muss genannt werden. Dazu wird die vollständige Firma angegeben werden müssen. Ein Anschrift ist nicht erforderlich. Wem gegenüber der Widerruf ausgeübt werden muss, ergibt sich aus dem Inhalt der Widerrufsbelehrung, der anderweitig geregelt ist.

Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB lässt außerdem eine Belehrung in 'Textform' als Alternative zu, die aber bei Fernabsatzverträgen praktisch ausscheiden dürfte, da die Belehrung in Textform dem Verbraucher vor dessen Bestellung ausgehändigt werden muss.

BGH, Urt. v. 11.4.2019, I ZR 54/16, Tz. 36, 40 - Werbeprospekt mit Bestellpostkarte II

Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB umfasst auch die Verpflichtung des Unternehmers, dem für seine Werbung genutzten Fernkommunikationsmittel wie hier dem Werbeprospekt selbst das Muster-Widerrufsformular beizufügen. ...

Nur wenn der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, ist der Unternehmer nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht verpflichtet, dem Verbraucher zeitgleich mit dem Einsatz dieses Kommunikationsmittels das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B der Richtlinie 2011/83/EU zur Verfügung zu stellen, und reicht die Mitteilung dieses Musterformulars auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache aus (EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 31 und 46 - Walbusch/Zentrale).

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Bestätigung nach Vertragsschluss (§ 312f BGB)

Bestätigung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Der Unternehmer ist zwar nach § 312 f Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Verbraucher den Vertrag auf Papier zu bestätigen. Die Bestätigung muss die Informationen nach Art. 246a EGBGB aber nur enthalten, wenn der Unternehmer dem Verbraucher diese Informationen nicht bereits vor Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt hat. Da der Unternehmer den Verbraucher aber über sein Widerrufsrecht bereits vor Vertragsschluss informieren muss, findet diese Variante auf das Widerrufsrecht keine Anwendung.

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Bestätigung bei Fernabsatzverträgen

Der Unternehmer ist nach § 312f Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Verbraucher den Vertrag unter Angabe des Vertragsinhalts zu bestätigen. Die Bestätigung muss innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens aber bei der Lieferung der Ware oder vor Ausführung der Dienstleistung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Sie muss die in Art. 246a EGBGB genannten Angaben, zu denen auch die Informationen über das Widerrufsrecht gehören, enthalten, es sei denn, dass der Unternehmer dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt hat. In diesem Fall muss nicht noch einmal über das Widerrufsrecht belehrt werden.

Anders verhält es sich aber, wenn der Unternehmer über das Widerrufsrecht während des Bestellvorgangs nur online informiert. Dies wird im Online-Handel der Regelfall sein.

Zur Rechtslage bis zum 12.6.2014, die sich aber durch die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie nicht geändert hat:

BGH, Urt. v. 15.5.2014, II ZR 368/13, Tz. 19

Aus dem Erfordernis der "Mitteilung" der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher "in Textform" … ergibt sich, dass die für die Widerrufsbelehrung erforderlichen Informationen in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise sowohl vom Unternehmer abgegeben werden als auch dem Verbraucher zugehen müssen. Die bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") des Unternehmers reicht hiernach nicht aus, weil die Belehrung auf diese Weise nicht in einer unveränderlichen textlich verkörperten Gestalt in den Machtbereich des Verbrauchers gelangt. Erforderlich ist in diesem Falle vielmehr, dass der Verbraucher die Belehrung per Briefpost oder E-Mail erhält oder auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt.

Die Verwendung von 'Empfangsbestätigungen, in denen der Verbraucher bestätigt, die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und/oder ausgedruckt zu haben, ist unbehelflich. Solche Empfangsbekenntnisse sind nach § 309 Nr. 12 b BGB unwirksam. Auf die Unwirksamkeit kann sich auch berufen, wer ein solches Empfangbekenntnis abgegeben hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.5.2014, II ZR 368/13)

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Lieferung von Daten

Bei Verträgen über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden (digitale Inhalte) ist auf der Abschrift oder in der Bestätigung des Vertrages gegebenenfalls auch anzugeben, dass der Verbraucher vor der Ausführung des Vertrages ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrages vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages sein Widerrufsrecht verliert (§ 312f Abs. 3 BGB).

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Textform

§ 126b S. 1 BGB

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden.

§ 126 Abs. 1 S. 2

Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraum zugänglich ist, und

2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

§ 126b BGB weicht in der Definition der Textform von der Fassung ab, die bis zum 12. Juni 2014 gegolten hat.

BGH, Urt. v. 29.4.2010, I ZR 66/08, Tz. 18 - Holzhocker

Gemäß dem Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2002/65/EG gehören zu den dauerhaften Datenträgern insbesondere Disketten, CD-Roms, DVDs und die Festplatte des Computers des Verbrauchers, auf der die elektronische Post gespeichert wird, Internet-Websites dagegen nur dann, wenn sie die in der Definition des Begriffs "dauerhaftes Medium" enthaltenen Voraussetzungen erfüllen.

 Erklärungen in Textform müssen dem Verbraucher zugehen.

BGH, Urt. v. 29.4.2010, I ZR 66/08, Tz. 19 - Holzhocker

Die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen müssen vom Unternehmer nicht nur in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben werden. Sie müssen dem Verbraucher auch in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise zugehen. Dafür reicht die Speicherung der Angebotsseite auf dem Server des Plattformbetreibers oder die Möglichkeit, die Information in eigener Initiative auszudrucken oder abzuspeichern nicht aus.

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Rechtslage vor dem 13. Juni 2014

§ 360 Abs. 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung verlangte, dass die Widerrufsbelehrung 'deutlich gestaltet' sein musste. Die Rechtsprechung stellte daran strenge Anforderungen, die m.E. nach der Gestzesänderung nicht mehr aufrecht erhalten bleiben können.

Einbettung in Allgemeine Geschäftsbedingungen

OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.12.2006, 6 U 129/06, 1.b

Die Widerrufsbelehrung ist zu beanstanden, weil sie auf Grund ihrer unauffälligen Einbettung in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Anforderungen an die vom Gesetz verlangte „hervorgehobene und deutlich gestalteten Form” nicht gerecht wird.

Sprechender Link

Ein sprechender Link reicht dazu bspw. nicht aus.

OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.12.2006, 6 U 129/06, 1.a

Ein Link auf die vollständige Widerrufsbelehrung reicht nur aus, wenn die Kennzeichnung dieses Links hinreichend klar erkennen lässt, dass überhaupt eine Widerrufsbelehrung aufgerufen werden kann. Es genügt nicht, dass der Käufer, der bereits um sein Widerrufsrecht weiß, mit mehr oder weniger Phantasie in der Lage ist, auf der Internetseite hierüber Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Widerrufsbelehrung hat vielmehr auch den Zweck, den Käufer darüber zu informieren, dass ihm überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht. Diesen Zweck kann ein Link nur erfüllen, wenn seine Kennzeichnung bereits erkennen lässt, dass Informationen über ein Widerrufsrecht aufgerufen werden können („sprechender Link”).