Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Inkasso

Die Eintreibung von Zahlungsforderungen ist nicht unzulässig. Wer glaubt, gegen einen anderen einen Zahlungsanspruch zu haben, darf auch versuchen, ihn mit den ihm geeignet erscheinenden Mittel, außergerichtlich oder gerichtlich einzutreiben.

Die Eintreibung von Forderungen, die aus Verträgen resultieren, die unter einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht begründet wurden, ist nur ausnahmsweise selber wettbewerbswidrig und verstößt dann gegen § 3 Abs. 2 UWG.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.7.2014, I-15 U 43/14, Tz. 61 ff

Bei der Beurteilung der Lauterkeit der Nachfolgeschreiben ist zunächst von dem Grundsatz auszugehen, dass die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluss der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlasst werden konnte, als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig ist (BGH, GRUR 2001, 1178, 1180 – Gewinn-Zertifikat). Denn die Vorschrift des § 3 UWG richtet sich nicht schlechthin gegen anstößiges Verhalten von Gewerbetreibenden und dessen Folgen. Vielmehr ist bei der Beurteilung zu prüfen, ob auch von der Vertragsabwicklung selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht (BGH, GRUR 2001, 1178, 1180 – Gewinn-Zertifikat). Eine solche eigenständige Störung des Wettbewerbs kann nach der ständigen Rechtsprechung des BGH in der Vertragsdurchsetzung nur unter bestimmten Voraussetzungen gesehen werden.

So handelt ein Gewerbetreibender auch bei der Durchsetzung von Verträgen wettbewerbswidrig, wenn er durch täuschende Gestaltungen von Bestellformularen systematisch und fortlaufend das Zustandekommen von Verträgen auch und gerade als Folge der Irreführung anstrebt, wenn die Durchsetzung nicht auf Einzelfälle beschränkt, sondern gleichfalls fortlaufend betrieben wird und wenn er dabei nicht in geeigneter Weise über die Art des Zustandekommens und über die dabei begründete Irrtumsmöglichkeit aufklärt (BGH, GRUR 1994, 126 – Folgeverträge I; BGH, GRUR 1995, 358, 360 – Folgeverträge II). ... Wenn ein solches Vorgehen nicht vereinzelt, sondern systematisch und im Rahmen bzw. als Teil eines von vornherein auf Täuschung der angesprochenen Kreise angelegten Geschäftskonzepts erfolgt, verstößt es gegen den Verhaltenskodex eines den Anforderungen des Leistungswettbewerbs gerecht werdenden Kaufmanns; es verdient die Missbilligung sowohl verständiger Verkehrskreise als auch der Allgemeinheit und unterfällt daher dem Verbot des § 3 Abs. 1 UWG (BGH, GRUR 1994, 126, 127 – Folgeverträge I; BGH, GRUR 2001, 1178, 1180 – Gewinn-Zertifikat; BGH, GRUR 1998, 415, 417 – Wirtschaftsregister; OLG Frankfurt, GRUR 1978, 720 – Folgeverträge; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 871; OLG München, Urteil vom 16.05.2013, 6 U 3854/12; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 73).

Erforderlich ist demnach, dass das Zustandekommen von Verträgen fortlaufend, systematisch und zielgerichtet gerade als Folge einer Irreführung angestrebt wird (1), dass die Durchsetzung der Verträge gleichfalls fortlaufend betrieben wird (2) und dass bei der Durchsetzung nicht in geeigneter Weise über die Art des Zustandekommens und über die dabei begründete Irrtumsmöglichkeit aufgeklärt wird, so dass der Fortbestand der Verträge darauf zurückzuführen ist, dass die verursachte Täuschung auch bei der Durchführung des Vertrags durch konkludentes Verhalten aufrechterhalten wird (3). Schließlich muss das Vorgehen im Rahmen eines von vornherein auf Täuschung der angesprochenen Kreise angelegten Geschäftskonzepts erfolgen.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.7.2014, I-15 U 43/14, Tz. 72

Auf das Erfordernis, dass der einmal begründete Irrtum bei der Vertragsdurchführung fortwirken muss, kann auch nicht verzichtet werden. … Nur wenn dem Empfänger zusätzlich auch bei der Vertragsdurchsetzung verheimlicht wird, auf welche Art und Weise der Vertrag, aus dem Forderungen geltend gemacht werden, zu Stande gekommen ist, liegt auch in der Vertragsdurchsetzung eine erneute Beeinflussung des Empfängers, die eigenständig als unlauter angesehen werden kann. Denn der Empfänger wird dann durch die Vertragsdurchsetzungshandlung davon abgehalten, sich vom Vertrag zu lösen. Der Fortbestand des Vertrages wird gesichert.

Bei Abofallen im Internet ist das OLG Frankfurt demgegenüber großzügiger:

OLG Frankfurt, Urt. v. 26.3.2013, 6 U 184/12

Aus dem auf Täuschung angelegten Charakter des Angebots folgt, dass jedenfalls die Fa. B sich unlauter verhält, wenn sie auch nur den Versuch unternimmt, Forderungen zu realisieren, die sich daraus ergeben sollen, dass Verbraucher über die in Rede stehende Seite einen Abonnementsauftrag erteilt haben. Zwar haben diese Verbraucher damit eine Erklärung abgegeben, welche sich nach ihrem objektiven Inhalt als Antrag auf Abschluss eines entgeltlichen Vertrages darstellt. Eine solche Willenserklärung ist auch grundsätzlich nicht per se unwirksam, sondern nur nach § 123 BGB anfechtbar (vgl. allg. hierzu BGH NJW 2008, 982, Tz. 11). Gleichwohl ist auch vor einer erklärten Anfechtung schon der Versuch, aus einem solchen anfechtbaren Rechtsgeschäft eine Forderung zu realisieren, unlauter, wenn feststeht, dass die auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages gerichtete Willenserklärung nur auf einer erfolgreichen Täuschung beruhen kann. In einem solchen Fall dient der Versuch der Forderungsrealisierung allein dazu, die durch die Werbung hervorgerufene Täuschung zu perpetuieren; dies verstößt seinerseits gegen § 5 UWG, jedenfalls aber gegen die Generalklausel des § 3 Abs. 2 UWG (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 30.3.2010, 6 U 172/09, Tz. 21; BGH GRUR 2001, 1178 – Gewinn-Zertifikat, Tz. 39 m.w.N.).

Anders auch das OLG Düsseldorf, wenn die Forderung auf einem Betrug gründet.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.7.2014, I-15 U 43/14, Tz. 77

Die Abwicklung von Verträgen, die auf Grund einer wettbewerbswidrigen Werbung zu Stande gekommen sind, ist zudem dann selbst wettbewerbswidrig, wenn das Verhalten des Werbenden als Betrug (§ 263 StGB) zu werten sein sollte und die Vertragsabwicklung als eine Teilnahme daran (BGH, GRUR 2001, 1178, 1180 – Gewinn-Zertifikat).