3. Was ist eine bilanzierte Diät ?
4. Zulässigkeitsanforderungen für bilanzierte Diäten
b. Keine Ernährungsalternativen
c. Sicher, nutzbringend und wirksam
Gesetzesworlaut
Im Sinne dieser Verordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten werden unterteilt in
1. vollständige bilanzierte Diäten
-
a) mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b) mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und
2. ergänzende bilanzierte Diäten
-
a) mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b) mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.
Was ist eine bilanzierte Diät?
BGH, Urt. v. 30.11.2011, I ZR 8/11, Tz. 8 - Glucosamin Naturell
Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) sind gemäß § 1 Abs. 4a Satz 1 DiätV Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen nach § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit beeinträchtigter Fähigkeit zur Aufnahme oder Verarbeitung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Stoffe oder sonstigem medizinisch bedingtem Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung weder eine Modifizierung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung noch auch eine Kombination aus beidem ausreichen. Ein Nährstoffbedarf ist, wie sich aus § 1 Abs. 4a Satz 3 DiätV ergibt, medizinisch bedingt, wenn bestimmte Beschwerden, Krankheiten oder Störungen einen besonderen Ernährungsbedarf zur Folge haben. Der besondere Ernährungsbedarf kann auf der Unterernährung der Patienten infolge der Beschwerden, Krankheiten oder Störungen oder darauf beruhen, dass den bei ihnen aus diesen Gründen bestehenden besonderen Ernährungserfordernissen mit einer daran angepassten Nährstoffformulierung entsprochen werden kann, was auch dann der Fall sein kann, wenn die Patienten aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter Nährstoffe einen besonderen Nutzen ziehen können (BGH, Urt. v. 2.10.2008, I ZR 220/05, GRUR 2008, 1118 Rn. 16 = WRP 2008, 1513 - MobilPlus-Kapseln).
S.a. OLG Frankfurt, Urt. v. 10.3.2016, 6 U 56/15, II.1; OLG Bamberg, Urt. v. 12.2.2014, 3 U 192/13, Tz. 75; OLG Brandenburg, Urt. v. 26.3.2019, 6 U 43/16, II.3.1
Nährstoffbedarf
OLG Bamberg, Urt. v. 12.2.2014, 3 U 192/13, Tz. 75 ff
Ein Nährstoffbedarf ist, wie sich aus § 1 Abs. 4a Satz 3 DiätV ergibt, medizinisch bedingt, wenn bestimmte Beschwerden, Krankheiten oder Störungen einen besonderen Ernährungsbedarf zur Folge haben. Der besondere Ernährungsbedarf kann auf der Unterernährung der Patienten infolge der Beschwerden, Krankheiten oder Störungen oder darauf beruhen, dass den bei ihnen aus diesen Gründen bestehenden besonderen Ernährungserfordernissen mit einer daran angepassten Nährstoffformulierung entsprochen werden kann.
S.a. OLG Bamberg, Urt. v. 7.5.2014, 3 U 1/14, B.I.1.b
OLG Frankfurt, Urt. v. 10.3.2016, 6 U 56/15, II.1
Ein Nährstoffbedarf ist medizinisch bedingt, wenn Beschwerden, Krankheiten oder Störungen vorliegen, bei denen ein besonderer Bedarf an bestimmten Nährstoffformulierungen besteht (BGH GRUR 2009, 75, Tz. 18 - Priorin). Aus dem Begriff "Patient" wird deutlich, dass bilanzierte Diäten nicht zur Prävention, sondern für die diätetische Therapie von Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingesetzt werden. Es muss somit ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf vorliegen, der auf ein definiertes Beschwerdebild ausgerichtet ist. ...
Übergewicht fällt nicht unter den Begriff der Krankheit, weil es sich um einen natürlichen physiologischen Zustand handelt. Eine Störung bzw. ein Beschwerdebild mit Krankheitswert i. S. der DiätVO tritt erst dann ein, wenn entweder hieraus gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgehen oder wenn sich ein aus dem Übergewicht hervorgehendes Gesundheitsrisiko manifestiert hat.
Marktverhaltensregel
BGH, Urt. v. 30.11.2011, I ZR 8/11, Tz. 17 - Glucosamin Naturell
Die Vorschriften in § 1 Abs. 4a Satz 1 und 2 DiätV über die Abgrenzung der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke von anderen Stoffen dienen der Herstellung transparenter Verhältnisse auf dem Markt für Gesundheitsprodukte. Sie stellen daher Vertriebsbestimmungen, die dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher zumindest mittelbar dienen, und damit Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.
Ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 26.3.2019, 6 U 43/16, II.2
Zulässigkeitsanforderungen für bilanzierte Diäten
OLG Bamberg, Urt. v. 7.5.2014, 3 U 1/14, B.I.1.c
Das als ergänzende bilanzierte Diät beworbene Produkt muss geeignet sein, den speziellen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf eines Patienten zu decken. Aufgrund der Vorschrift des § 14b Abs. 1 S. 1 DiätV muss es sich also gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass es den besonderen Ernährungserfordernissen derjenigen Personen entsprechen muss, für dies es bestimmt ist (BGH GRUR 2008, 1118 –Mobilplus-Kapseln).
OLG Frankfurt, Urt. v. 12.4.2018, 6 U 186/17. II
Bilanzierte Diäten müssen nach § 14b Abs. 1 DiätV in dem Sinne wirksam sein, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen. Dies bedeutet, dass der diätetische Nutzen der Produkte für die angesprochenen Patienten im Rahmen gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis objektiv belegt sein muss.
Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat die Antragsgegnerin als Herstellerin und Vertreiberin des als bilanzierte Diät beworbenen Mittels darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen bzw. glaubhaft zu machen, nachdem die Antragstellerin ihren Darlegungsverpflichtungen im Hinblick auf die wissenschaftliche Umstrittenheit erfüllt hat. Dabei sind an den Wirksamkeitsnachweis die gleichen Anforderungen zu stellen, die auch sonst bei gesundheitsbezogenen Wirkungsbehauptungen gelten.
Diätetisches Lebensmittel
OLG Bamberg, Urt. v. 12.2.2014, 3 U 192/13, Tz. 78
Eine ergänzende bilanzierte Diät muss auch immer ein diätetisches Lebensmittel sein und den begrifflichen Merkmalen des § 1 Abs. 2 DiätV entsprechen (Zipfel/Rathke, Bd. III C 140 § 1 DiätV Rn. 81).
Ebenso OLG Bamberg, Urt. v. 14.1.2015, 3 U 176/14, II.1 mit sehr eingehender Begründung
OLG Bamberg, Urt. v. 12.2.2014, 3 U 192/13, Tz. 91
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Verfügungsbeklagte als Herstellerin und Vertreiberin des als bilanzierte Diät beworbenen Mittels darzulegen und zu beweisen.
Keine Ernährungsalternativen
BGH, Urt. v. 30.11.2011, I ZR 8/11, Tz. 9 f - Glucosamin Naturell
Ein ... zulässiger Vertrieb einer bilanzierten Diät setzt gemäß § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV insbesondere voraus, dass für die diätetische Behandlung der Patienten weder eine Modifizierung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung noch auch eine Kombination aus beidem ausreichen. Diese Vorschrift setzt den insoweit wörtlich mit ihr übereinstimmenden Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Satz 2 RL 99/21/EG ins deutsche Recht um. Sie bezieht mögliche alternative Ernährungsformen ein, sofern die für sie benötigten Lebensmittel auf dem Markt für die normale Ernährung einschließlich der diätetischen Lebensmittel erworben werden können und die durch sie bewirkte Modifizierung der normalen Ernährung im Rahmen des üblichen Ernährungsverhaltens liegt. Unter einer normalen Ernährung ist dabei eine Ernährung zu verstehen, die insbesondere hinsichtlich der Art und der Eigenschaften der verzehrten Lebensmittel sowie des Umfangs und der Dauer des Verzehrs im Rahmen der üblichen Ernährungsgewohnheiten des betreffenden Patientenkreises liegt. Eine Modifizierung der normalen Ernährung reicht zur diätetischen Behandlung nicht aus, wenn sich mit ihr die besonderen medizinischen Zwecke nicht oder nicht sicher erreichen lassen oder die Modifizierung nicht praktikabel oder für die Patienten unzumutbar ist (BGH, GRUR 2008, 1118 Rn. 29 MobilPlus-Kapseln; BGH, Urt. v. 4.12.2008, I ZR 100/06, GRUR 2009, 413 Rn. 25 = WRP 2009, 300 Erfokol-Kapseln, jeweils mwN).
Diese Grundsätze gelten ... auch in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel. Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, der es rechtfertigte, bei der Beurteilung der Frage, ob alternative Ernährungsmöglichkeiten bestehen, Nahrungsergänzungsmittel im Gegensatz zu angereicherten und funktionellen Lebensmitteln (vgl. dazu BGH, GRUR 2009, 413 Rn. 23 bis 25 Erfokol-Kapseln), zu neuartigen Lebensmitteln sowie auch zu diätetischen Lebensmitteln und Kombinationen aus modifizierter normaler Ernährung mit anderen diätetischen Lebensmitteln von vornherein unberücksichtigt zu lassen.
Ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 26.3.2019, 6 U 43/16, II.3.3
Sicher, nutzbringend und wirksam
OLG München, Urt. v. 19.3.15, 29 U 4469/14 - Attackenhäufigkeit bei Migräne
Nach den insoweit nahezu wortgleichen Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/EG über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und des § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV müssen sich bilanzierte Diäten gemäß den Anweisungen der Hersteller sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den (besonderen) Ernährungserfordernissen der Personen entsprechen, für die sie bestimmt sind. Das Erfordernis der sicheren und nutzbringenden Verwendbarkeit besagt, dass die Verwendung des Mittels entsprechend den Angaben des Herstellers weder für den Verwender zu Nachteilen in Form von Gesundheitsschäden führen noch Gesundheitsgefahren bergen darf.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.2.2011, 4 U 49/10, B.1.a - c
Eine bilanzierte Diät dient i.S. von § 1 Abs. 4 a S.2 DiätV der Ernährung von Patienten mit einem speziellen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, wenn sie zur Deckung dieses Bedarfs bestimmt ist und sich, wie sich aus § 1 Abs.2 Nr.2 DiätV ergibt, auch für diesen Ernährungszweck eignet. Nach § 14 b Abs.1 S.1 DiätV muss die Herstellung von bilanzierten Diäten auf vernünftigen medizinischen und diätetischen Grundsätzen beruhen. Bilanzierte Diäten müssen sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entsprechen, für die sie bestimmt sind (§ 14 b Abs.1 S.2 DiätV).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat grundsätzlich die Beklagte als Herstellerin und Vertreiberin des als bilanzierte Diät beworbenen Mittels darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. In der Diätverordnung gibt es keine ausdrücklichen Regelungen darüber, welche Anforderungen an den Nachweis der Wirksamkeit i.S. von § 14b Abs.1 S.2 DiätV zu stellen sind und wer den Nachweis zu führen hat. Art.3 S.2 der Richtlinie 1999/21/EG enthält den Zusatz, dass die Wirksamkeit durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich bei richtlinienkonformer Auslegung von §§ 14b Abs. 1, 1 Abs.4a DiätV herleiten, dass derjenige, der die bilanzierte Diät herstellt und vertreibt, grundsätzlich ihre Wirksamkeit i.S. von Art.3 S.2 der Richtlinie 1999/21/EG (§ 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV) darzulegen und zu beweisen hat (vgl. BGH Urteil v. 2.10.2008, I ZR 220/05 - MobilPlus-Kapseln).
Aus dem in Art. 3 S.2 der Richtlinie 1999/21/EG enthaltenen Zusatz folgt unter dem Gesichtspunkt richtlinienkonformer Auslegung weiter, dass der Wirknachweis durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu erfolgen hat. Hieraus wird geschlossen, dass grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an die wissenschaftliche Absicherung einer sonstigen gesundheitsbezogenen Wirkungsbehauptung (BGH - MobilPlus-Kapseln - aaO.). Der Wirksamkeitsnachweis kann durch Vorlage von Studien erbracht werden, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sind (BGH Urteil v. 2.10.2008, I ZR 51/06 - Priorin). Es ist dagegen nicht erforderlich, dass die Wirksamkeit als solche in der Fachwelt allgemein anerkannt und unumstritten ist.
Bestätigt durch
BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 44/11, Tz. 20, 22 - ARTROSTAR
Nach den insoweit nahezu wortgleichen Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 RL 1999/21/EG und des § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV müssen sich bilanzierte Diäten gemäß den Anweisungen der Hersteller sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den (besonderen) Ernährungserfordernissen der Personen entsprechen, für die sie bestimmt sind. Das Erfordernis der sicheren und nutzbringenden Verwendbarkeit besagt, dass die Verwendung des Mittels entsprechend den Angaben des Herstellers weder für den Verwender zu Nachteilen in Form von Gesundheitsschäden führen noch Gesundheitsgefahren bergen darf (vgl. Zipfel/Rathke/Gründig, Lebensmittelrecht, C 140, Lief. März 2011, § 14b DiätV Rn. 9f f.; Hahn/Ströhle/Wolters, Ernährung, 2. Aufl., S. 258; Herrmann, Rechtliche Problemstellungen bei ergänzenden bilanzierten Diäten in arzneitypischer Darreichungsform, 2008, S. 250 f.). Danach obliegt es dem Hersteller und Vertreiber einer bilanzierten Diät, insbesondere auch das Fehlen einer nach den Umständen des Einzelfalls nicht fernliegenden mittelbaren Gesundheitsgefährdung nachzuweisen. Bei einem Mittel wie dem hier in Rede stehenden, das die Schmerzen lindern soll, die von einem Grundleiden ausgehen, dessen Voranschreiten gegebenenfalls zum Stillstand gebracht oder jedenfalls verzögert werden kann, kommt eine solche mittelbare Gesundheitsgefährdung insbesondere dann in Betracht, wenn eine Placebowirkung des Präparats dem Patienten einen unzutreffenden Eindruck vom Voranschreiten des Grundleidens vermittelt und ihn dadurch davon abhält, sich rechtzeitig in ärztliche Behandlung zu begeben, um dieses Grundleiden nicht nur symptomatisch, sondern kurativ behandeln zu lassen. Der Nachweis, dass von dem Mittel keine solche die Gesundheit schädigende oder zumindest gefährdende Wirkung ausgeht, kann nach der Natur der Sache allein durch eine randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden.
Dabei kann bei mehreren Inhaltsstoffen auf die Untersuchung von Wechselwirkungen nicht verzichtet werden, weil die Verwendung mehrerer oder zusätzlicher Inhaltsstoffe mit einer Verschlechterung der ernährungsmedizinischen Wirksamkeit einhergehen und sich die Wirkung einzelner Bestandteile im Körper neutralisieren kann. Für den Bereich der Fertigarzneimittel, bei denen diese Problematik ebenfalls besteht, bestimmt § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG daher, dass die Zulassung versagt werden kann, wenn bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, in den Zulassungsunterlagen eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Mittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind.
Nachweis
OLG Celle, Beschl. v. 5.10.2016, 13 U 122/16, II.2.c
Nach § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV müssen bilanzierte Diäten sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV liegt bei der Beklagten als Herstellerin und Vertreiberin ihres entsprechend aufgemachten und beworbenen Mittels; sie hat die vom Kläger bestrittene Wirksamkeit durch anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 18). Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch Veröffentlichungen in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2011 - I ZR 199/09, juris; Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 62/11, juris Rn. 19 m. w. N.).
OLG Bamberg, Urt. v. 7.5.2014, 3 U 1/14, B.I.1.c
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen hat die Beklagte darzulegen und zu beweisen, ohne dass der Kläger verpflichtet war, dies zuvor substantiiert in Frage zu stellen (BGH GRUR 2013, 958 –Vitalpilze).
OLG München, Urt. v. 19.3.15, 29 U 4469/14 - Attackenhäufigkeit bei Migräne
Es obliegt dem Hersteller und Vertreiber einer bilanzierten Diät, insbesondere auch das Fehlen einer nach den Umständen des Einzelfalls nicht fernliegenden mittelbaren Gesundheitsgefährdung nachzuweisen.
OLG Bamberg, Urt. v. 7.5.2014, 3 U 1/14, B.I.1.c.aa
Hinsichtlich der Frage, wie der Nachweis im Einzelnen zu erfolgen hat, ist höchstrichterlich bislang lediglich ausgesprochen, dass keine höheren Anforderungen zu stellen seien als an die wissenschaftliche Absicherung einer sonstigen, gesundheitsbezogenen Wirkungsbehauptung (BGH GRUR 2008, S. 1118 –MobilPlus-Kapseln). Den Anforderungen wird regelmäßig dann Genüge getan, wenn der Nachweis über randomisierte und placebokontrollierte Doppelblindstudien geführt wird (BGH GRUR 2012, S. 1164 – Artrostar; BGH GRUR 2009, S. 75 – Priorin; s.a. BGH GRUR 2013, S. 958 -Vitalpilze). Zwingend erforderlich gehalten bei einer bilanzierten Diät wurde sie bislang dann, wenn keine objektiv messbaren organischen Befunde vorliegen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.11.2009, I-20 U 194/08, 20 U 194/08) und der Wirksamkeitsnachweis allein von einem subjektiven Empfinden des Patienten abhängig ist, so bei einer bilanzierten Diät mit angeblich schmerzlindernden Wirkung (BGH GRUR 2012, S. 1164 – Artrostar).
OLG München, Urt. v. 19.3.15, 29 U 4469/14 - Attackenhäufigkeit bei Migräne
Die Voraussetzungen sind entsprechend der Vorgabe in Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/EG durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2012, I ZR 44/11 - ARTROSTAR Tz. 18 m. w. N.). Welche Anforderungen an den Nachweis einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (vgl. BGH GRUR 2013, 649 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil Tz. 19 m. w. N.). Das gilt zumindest dann auch für den Nachweis der Eigenschaften gemäß § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV, wenn objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis damit allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt (vgl. BGH, a. a. O., - ARTROSTAR Tz. 19 f.).
OLG München, Urt. v. 19.3.15, 29 U 4469/14 - Attackenhäufigkeit bei Migräne
Für eine Stoffkombination ist der erforderliche Nachweis ohne Erkenntnis über Wechselwirkungen der kombinierten Stoffe nicht möglich. Auf die Untersuchung solcher Wechselwirkungen kann schon deshalb nicht verzichtet werden, weil die Verwendung mehrerer oder zusätzlicher Inhaltsstoffe mit einer Verschlechterung der ernährungsmedizinischen Wirksamkeit einhergehen und sich die Wirkung einzelner Bestandteile im Körper neutralisieren kann (vgl. BGH, a. a. O., - ARTROSTAR Tz. 25).
OLG Brandenburg, Urt. v. 26.3.2019, 6 U 43/16, II.3.2
Der Wirksamkeitsnachweis kann durch Vorlage von Studien erbracht werden, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sind, wobei es nicht erforderlich ist, dass die Wirksamkeit als solche in der Fachwelt allgemein anerkannt und unumstritten ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2008, a.a.O. - Priorin). Dabei ist es als ausreichend anzusehen, wenn nachgewiesen ist, dass das Mittel in seiner Kombination der einzelnen Inhaltsstoffe die angegebene Wirkung erzielt. Ein ins Einzelne gehender Nachweis des diätetischen Wirkungszusammenhangs ist nicht zu verlangen. Es ist auch nicht erforderlich, dass alle Inhaltsstoffe der bilanzierten Diät als solche wirksam sein müssen. Vielmehr genügt es, wenn das Mittel in seiner Kombination der einzelnen Inhaltsstoffe die angegebene Wirkung erzielt (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2008, a.a.O. - Priorin).
Der Wirksamkeitsnachweis setzt in Fallkonstellationen, bei denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis damit allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt, im Regelfall eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung voraus, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 - I ZR 62/11, GRUR 2013, 649 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Zum wissenschaftlichen Nachweis siehe im Übrigen hier.
Pflichtabgaben
OLG Koblenz, Urt. v. 8.3.2017, 9 U 942/17 (=LRE 74, 244)
Als Pflichtangabe ist die bilanzierte Diät nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 DiätV mit einer Beschreibung der Eigenschaften und Merkmale zu kennzeichnen, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt. Diese Beschreibung soll insbesondere den Arzt in die Lage versetzen, im Rahmen seiner ärztlichen Aufsicht zu prüfen, ob und gegebenenfalls zu welchen Zwecken und in welcher Art und Weise die bilanzierte Diät einzusetzen ist. … Die Vermittlung der insbesondere für den behandelnden Arzt notwendigen Kenntnisse über die Wirkweise des Produkts erfordert keine Abfassung in medizinischer Fachsprache, sondern stellt inhaltliche Anforderungen an die obligatorischen Angaben. Diese Anforderungen sind erfüllt, wenn die Angaben über Inhaltsstoffe und deren Wirkweise geeignet sind, den Arzt in die Lage zu versetzen, die Zweckangaben im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit nachzuvollziehen und individuelle Kontraindikationen zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass neben der Information des Arztes auch die des Patienten beabsichtigt ist, an den sich die im Internet veröffentlichte Werbung richtet. Der an einem solchen Produkt interessierte Verbraucher hat ebenso wie ein behandelnder Arzt Erläuterungsbedarf hinsichtlich der im Handel frei erhältlichen bilanzierten Diäten für besondere medizinische Zwecke, mithin der Zweckbestimmung einer Therapie durch Diät (vgl. OLG Hamburg, Magazindienst 2005, 389; Kügel ZLR 2003, 265; Kügel ZLR 2005, 279). Eine sowohl dem ärztlichen Informationsbedürfnis genügende als auch für den medizinisch nicht vorgebildeten Verbraucher verständliche Beschreibung der Eigenschaften und Merkmale, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt, genügt deshalb den Anforderungen des § 21 Abs. 2 Nr. 2 DiätV.