Gesetzestext
Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden
durch die Abgabe von Arzneimitteln, deren Muster oder Proben oder durch Gutscheine dafür
Richtlinientext
Art. 88 Abs. 6 der Richtlinie 2001/83/EG
(6) Die Mitgliedstaaten untersagen die direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit durch die Industrie zum Zwecke der Verkaufsförderung.
Das Tatbestandsmerkmal 'durch die Industrie fehlt im deutschen Text. Würde er im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung in § 11 Abs. 1 Nr. 14 HWG hineingelesen, fände die Vorschrift keine Anwendung auf die kostenlose Abgabe von Mustern oder Proben von Arzneimitteln durch den Einzelhandel. Dagegen dürfte aber die Gintec-Entscheidung des EuGH stehen, in der es zwar um eine Verlosung ging. Der EuGH führt dazu aber aus::
EuGH, Urt. v. 8.11.2007, C-374/05, Tz. 55, 58 - Gintec
Die Richtlinie 2001/83 enthält zwar keine besonderen Vorschriften über Arzneimittelwerbung in Form von Auslosungen, eine solche Werbung ist jedoch angesichts der im 45. Erwägungsgrund dieser Richtlinie angeführten Notwendigkeit, übertriebene und unvernünftige Werbung, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte, zu verhindern, kaum hinnehmbar. Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie wiederholt diese Notwendigkeit, wenn er fordert, dass die Werbung für Arzneimittel deren zweckmäßigen Einsatz fördert.
Darüber hinaus kann die Möglichkeit, bei einer Auslosung ein Arzneimittel zu gewinnen, einer kostenlosen Abgabe gleichgestellt werden. Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 88 Abs. 6 der Richtlinie 2001/83 die direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit durch die pharmazeutische Industrie zum Zwecke der Verkaufsförderung untersagt. Ferner dürfen nach Art. 96 Abs. 1 dieser Richtlinie Gratismuster nur ausnahmsweise unter den in dieser Bestimmung aufgeführten Voraussetzungen an die zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigten Personen abgegeben werden.
Historie
§ 11 Abs. 1 Nr. 14 HWG lautete bis zur UWG-Reform 2012
Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden
durch die Abgabe von Mustern oder Proben von Arzneimitteln oder durch Gutscheine dafür
Die Änderung des Gesetzestext beruht auf dem Bemühen einer Anpassung an Art. 88 Abs. 6 der Richtlinie 2001/83/EG. Allerdings wurde die Tatbestandsvoraussetzung 'durch die Industrie' nicht aufgenommen. Apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen in Deutschland aufgrund von § 43 Abs. 1 AMG aber ohnehin nicht durch die Industrie (den Hersteller), sondern nur durch Apotheken für den Endverbrauch in den Verkehr gebracht werden. § 11 Abs. 1 Nr. 14 HWG verbietet darüber hinaus aber auch die Abgabe von frei verkäuflichen Arzneimitteln durch den Einzelhandel.
Muster und Proben
Die Begriffe Muster und Proben bestehen nur beispielhaft für jede Abgabe von Arzneimitteln zu Werbezwecken. Dies kommt den Richtlinientext deutlicher zum Ausdruck als in der deutschen Norm.
Gutscheine
Beim Gutschein handelt es sich um ein so genanntes kleines Inhaberpapier, das den Inhaber des Gutscheins berechtigt, von einem anderen eine bestimmte Leistung zu verlangen, nämlich hier ein Muster oder eine Probe eines Arzneimittels. Von wem und auf welche Weise die Gutscheine für ein Arzneimittel verbreitet werden, ist unerheblich.
Unentgeltlichkeit
Der Tatbestand setzt keine Unentgeltlichkeit der Abgabe von Mustern oder Proben voraus. Auch die entgeltliche Abgabe oder die Abgabe gegen eine andere Gegenleistung sind verboten, solange sie nicht ein reiner Leistungstausch (synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung) stattfindet, sondern eine Verkaufsförderung für ein Arzneimittel.
Medizinprodukte
Die Vorschrift gilt nicht für Medizinprodukte.
Zitiervorschlag zur aktuellen Seite
Omsels, Online-Kommentar zum UWG: