Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Nr. 5: Darstellung von Veränderungen

1. Gesetzestext

2. Richtlinienkonformität

3. Historie

4. Arzneimittel oder auch Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel

5. Bildliche Darstellung

6. Veränderungen

des menschlichen Körpers

7. Wirkungen

im menschlichen Körper oder in Körperteilen

8. in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise

9. Konkrete Gesundheitsgefährung erforderlich?

10. Konkurrenzen

Gesetzestext

 

§ 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG

Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden

mit einer bildlichen Darstellung, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers auf Grund von Krankheiten oder Schädigungen oder die Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwendet

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Richtlinienkonformität

 

Art. 90 lit. k Richtlinie 2001/83/EG

Die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die

in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen oder der Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwenden.

§ 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG ist zwar etwas anders formuliert als Art. 90 lit k) der Richtlinie 2001/83/EG, inhaltlich aber identisch.

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Historie

 

Bis zum 25.10.2012 lautete § 11 Abs. 1 Nr. 5 folgendermaßen:

Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden

5. mit der bildlichen Darstellung

a) von Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten, Leiden oder Körperschäden,

b) der Wirkung eines Arzneimittels, eines Verfahrens, einer Behandlung, eines Gegenstandes oder eines anderen Mittels durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach der Anwendung,

c) des Wirkungsvorganges eines Arzneimittels, eines Verfahrens, einer Behandlung, eines Gegenstandes oder eines anderen Mittels am menschlichen Körper oder an seinen Teilen

Dieser Gesetzestext entsprach nicht den Vorgaben der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, so dass früher eine richtlinienkonforme Auslegung geboten, teilweise aber wegen der Diskrepanzen schwierig war (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 10.4.2008, 3 U 182/07, B.II.).

Allerdings sind die Änderungen der neuen Fassung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 a) und b) HWG zur alten Fassung gering, soweit von dem ergänzenden Tatbestandsmerkmals abgesehen wird, dass die bildliche Darstellung nicht in absto0ender, missbräuchlicher oder irreführender Weise erfolgen darf. Aus 'Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten, Leiden oder Körperschäden' in Nr. 5 a) (alt) wurden 'Veränderungen des menschlichen Körpers auf Grund von Krankheiten oder Schädigungen', und aus 'Wirkungsvorgang eines Arzneimittels ... am menschlichen Körpers oder an seinen Teilen' in Nr. 5 c) (alt) wurde 'Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen'.

Bei Schönheitsoperationen bleibt es nach § 11 Abs. 1 S. 3 HWG beim Verbot eines Vorher-Nachher-Vergleichs.

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Arzneimittel oder auch Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel

 

Die Formulierung des Verbotstatbestands gibt Rätsel auf. Während es einleitend heißt dass für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel außerhalb der Fachkreise nicht geworben werden darf, wird im zweiten Teil nur noch auf die Eignung zur Anregung des Arzneimittelverbrauchs abgestellt. Diese Formulierung geht darauf zurück, dass der Gesetzgeber das HWG an die Richtlinie 2001/83/EG anpassen wollte, die nur für Humanarzneimittel gilt. Der Gesetzgeber lässt den Rechtsanwender damit allerdings mit der Frage zurück, ob die Verbotsnorm für Verfahren, Behandlungen, Gegenstände und andere Mittel entsprechend gelten soll, also eigentlich lauten sollte:

Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden

mit Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen, von im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, die auf Grund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch oder der Inanspruchnahme sonstiger Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder anderer Mittel anregen können, beziehen..

Dafür sprechen zwei Gründe:

Zunächst wollte der Gesetzgeber am HWG sowenig wie möglich ändern und die Heilmittelwerbung nicht weiter liberalisieren, als dies vom europäischen Recht gefordert wurde. Es war nicht beabsichtigt, die Werbung für andere Heilmittel als Arzneimittel frei zu stellen.

Zum anderen stellt sich dieselbe Problematik auch bei § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 HWG. Auf diese Verbotsnorm verweist § 11 Abs. 1 S. 2 HWG für Medizinprodukte. Demnach gilt § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 HWG auch für Medizinprodukte, für die ansonsten einige Verbote der Publikumswerbung nicht gelten, z.B. auch nicht § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Dadurch werden Medizinprodukte gegenüber anderen Heilmitteln privilegiert. Würde § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 HWG zwar für Medizinprodukte, aber für die anderen im einleitenden Halbsatz erwähnten Heilmittel nicht gelten, träte aber der gegenteilige Effekt ein. Das spricht für ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers.

Fazit: § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG gilt im zweiten Halbsatz für Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel entsprechend. Wegen des strafrechtlichen Analogieverbots gilt dies aber nicht, soweit ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 HWG nach § 15 Abs. 1 Nr. 8 HWG als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden soll.

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Bildliche Darstellung

OLG Hamburg, Urt. v. 10.4.2008, 3 U 182/08, B.II.2

Mit der bildlichen Darstellung sind sämtliche Arten von Darstellungen gemeint, die visuell wahrgenommen werden können, wie Filme und Fotos; ausgenommen sind Schriftzeichen und spezielle Formen von Schemazeichnungen. Die bildliche Darstellung von Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten schließt die von krankheitsbedingten äußerlichen Veränderungen der Haut ein.

Das Gesetz geht davon aus, dass bildliche Darstellungen zur suggestiven Beeinflussung besonders geeignet sind und in der Heilmittelwerbung deshalb verboten werden müssen. Es gilt zu verhindern, dass die Betrachter in Folge der suggestiven Beeinflussung durch die bildlichen Darstellungen falsche Selbstdiagnosen erstellen, indem sie die eigenen Beschwerden "im Lichte" solcher Darstellungen interpretieren.

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Veränderungen

Veränderungen sind alle erkennbaren Symptome, die auf Krankheiten oder Schädigungen zurückgehen, wobei es wegen der Gleichstellung von Krankheiten und Schädigungen letztlich dahinstehen kann, was die Ursache der dargestellten Veränderung war.

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des menschlichen Körpers

Die bildliche Darstellung muss Veränderungen des menschlichen Lörpers zeigen. Bei der früheren Gesetzesfassung (siehe Historie) wurde davon ausgegangen, dass nur solche Veränderungen gemeint waren, die äußerlich sichtbar sind (vgl. Gröning, HWG, § 11 Nr. 5, Rdn. 5). Diese Einschränkung ist § 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG in der aktuellen Fassung aber nicht zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus der Formulierung im zweiten Teil der Vorschrift, in dem von Wirkungen 'im menschlichen Körper oder in Körperteilen' die Rede ist. In dieser Formulierung liegt nicht zwingend eine bewusste Abgrenzung von der Wendung 'des menschlichen Körpers' im ersten teil. Der menschliche Körper besteht nicht nur aus der äußeren Ansicht. Das bringt die englische Fassung der Richtlinie besser zum Ausdruck, in der es in Art. 90 lit k) im ersten Teil heißt: "changes in the human body".

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Wirkungen

 

Die frühere Fassung des § 11 Abs. 1 Nr. c) HWG verbot die bildliche Darstellung des 'Wirkvorgangs' eines Heilmittels (vgl. Historie). Seit der HWG-Reform 2012 heißt es jetzt Wirkungen. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden. Zum Wirkvorgang hieß es:

OLG Frankfurt, Urt. v. 24.2.1994, 6 U 242/92

Nach § 11 Nr. 5 c) HWG ist es verboten, außerhalb der Fachkreise für ... Gegenstände ... mit der bildlichen Darstellung des Wirkungsvorgangs eines ... Gegenstands ... am menschlichen Körper oder an seinen Teilen zu werben. Von der Darstellung eines Wirkungsvorgangs ist nach dem Verständnis des Senats auszugehen, wenn aufgezeigt wird, wie das Heilmittel oder der Gegenstand seine Wirkung in bezug auf die von ihm angeblich beeinflußten Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden entfaltet. Es muss eine bildliche Wiedergabe des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung bei der Behandlung einer Krankheit, eines Leidens usw. mit diesem Gegenstand erfolgen, indem die physiologischen Vorgänge gezeigt werden, die sich am oder im Körper nach der Anwendung des Heilmittels bzw. des Gegenstands vollziehen.

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im menschlichen Körper oder in Körperteilen

 

Die bildliche Darstellung muss Wirkungen eines Heilmittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen zeigen. Die Präposition 'im' bzw. 'in' schließt bildliche Darstellungen äußerer Teile nicht aus (vgl. auch 'des menschlichen Körpers'. Das kommt in der englischen Fassung der Richtlinie besser zum Ausdruck, in der es in Art. 90 lit. k der Richtlinie 2001/83/EG heißt: "action ... on the human body or parts thereof". Der Schutzzweck der Norm gibt ebenfalls keine Veranlassung bildliche Darstellung von Wirkungen eines Heilmittels auf dem menschlichen Körper auszuschließen.

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in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise

 

Siehe zu diesen Tatbestandsalternativen hier.

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Konkrete Gesundheitsgefährung erforderlich?

Für § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG (a.F.) und § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG (a.F.) hat der BGH in der Vergangenheit gefordert, dass ein Verstoß eine konkrete Gesundheitsgefährdung voraussetze, da die Verbotsnormen in die Berufungsfreiheit des Werbenden eingreife und das Verbot deshalb mit dem Grundrecht aus Art. 12 GG abgewogen werden müsse BGH, Urt. v. 1.3.2007, I ZR 51/04 - Krankenhauswerbung; BGH, Urt. v. 6.5.2004, I ZR 265/01 – Lebertrankapseln; s.a. BVerfG, Beschl. v. 7.8.2000, 1 BvR 254/99).

Zuletzt hat der BGH offen gelassen, ob auf deutsches Verfassungsrecht überhaupt zurückgegriffen werden könne, soweit die gesetzliche Regelung auf einer verbindlichen europäischen Vorgabe beruhe. Maßgeblich dürften tatsächlich die europäischen Grundrechte sein (BGH, Urt. v. 28.9.2011, I ZR 96/10, Tz. 38 ff – INJECTIO).

In derselben Entscheidung hat der BGH auch ausgeführt, dass es nicht bei jedem Verbotstatbestands des HWG einer Prüfung bedürfe, ob dadurch eine konkrete Gesundheitsgefährdung eintrete. Diese Frage stellt sich zwar nicht mehr im Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/83/EG, d.h. bei Arzneimitteln, jedoch bei den übrigen Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel, für die Richtlinie nicht gilt und alleine deutsches Recht maßgeblich ist.

Es bleibt somit Aufgabe der Rechtsprechung herauszuarbeiten, in welchen Fällen eines Werbeverbots für Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel eine konkrete Gesundheitsgefährung erforderlich ist.

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Konkurrenzen

 

§ 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG ist ein Unterfall von § 3 Nr. 1 HWG, soweit er auf die bildliche Darstellung in irreführender Weise abstellt.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6C72XzzTt