Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

6. Gegenabmahnung

Im Falle einer unberechtigten Verwarnung aus einem Schutzrecht besteht die Möglichkeit, dass der Betroffene den Abmahnenden selber auf Unterlassung in Anspruch nimmt, damit weitere unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen unterbleiben. Diese Möglichkeit besteht bei der unberechtigten Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes nicht.

BGH, Urt. v. 22.7.2010, I ZR 139/08, Tz. 63 – Kinderhochstühle im Internet

Die Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB sind auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar. Der Gegner einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung kann diese ohne größere Risiken unbeachtet lassen, weil mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die mit der Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen regelmäßig nicht einhergehen.

Allerdings kommt es nicht selten vor, dass der Abgemahnte das geschäftliche Verhalten des Abmahnenden ebenfalls genauer untersucht, um dort ebenfalls auf Wettbewerbsverstöße zu stoßen und sie abzumahnen. Das ist grundsätzlich zulässig. Die Retourkutsche kann aber unter Umständen rechtsmissbräuchlich praktiziert werden (siehe hi

er).

Abgemahnt

In einem markenrechtlichen Verfahren, in denen der Abgemahnte den Abmahner im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung weiterer Abmahnungen in Anspruch genommen hat, verneinte das Kammergericht das Rechtschutzbedürfnis.

KG, Beschl. v. 18.10.2016, 5 W 201/16

Vorliegend fehlt das von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, weil eine einstweilige Untersagung weiterer Abmahnungen hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Verletzungsform nicht geeignet ist, die von der Antragstellerin hiermit verfolgten Zwecke zu erfüllen. Ihre Unsicherheit, ob sie Shirts mit der Aufschrift "Berserker Special Forces Midgard" in Brusthöhe verkaufen darf, ohne Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen des Markeninhabers gewärtigen zu müssen, wird durch eine einstweilige Untersagung nicht behoben. Die einstweilige Untersagung entfaltet keine Bestandskraft; insbesondere kann sie im Widerspruchsverfahren aufgehoben oder durch ein Urteil im Hauptsacheverfahren obsolet werden. Die Antragstellerin bliebe auch bei antragsgemäßem Erlass der einstweiligen Verfügung weiterhin der Gefahr einer Untersagung der Benutzung des Zeichens "Berserker" in einem vom Antragsgegner angestrengten einstweiligen oder Hauptsacheverfahren ausgesetzt. Mit dem Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung wäre nichts gewonnen. Sie ist auf die Möglichkeit zu verweisen, bis zu einer Klärung des Streits ... im Wege einer von ihr zu erhebenden Feststellungsklage oder in Folge einer Unterlassungsklage des Antragsgegners auf der Grundlage von ihr einzuholenden Rechtsrates selbst zu entscheiden, ob sie bis zur Klärung des Streits die Benutzung ihr Verhalten in der umstrittenen Art und Weise fortsetzt oder nicht (anders im Ergebnis jedoch OLG Hamburg, Beschl. v. 18.7.2016, 5 W 49/16).

Bei dieser Würdigung sieht sich der Senat nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen (BGH GRUR 2005, 882 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).

Die tragenden Gründe dieser Entscheidung beziehen sich auf die Abnehmerverwarnung, bei der ein Hersteller um Rechtsschutz gegen unberechtigte Abmahnungen seiner Abnehmer durch einen Schutzrechtsinhaber nachsucht. Dieser schwerwiegenden Beeinträchtigung der Kundenbeziehungen des Herstellers will die Eröffnung des - auch einstweiligen - Rechtsschutzes gegenüber unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen Rechnung tragen. Eine solche Situation besteht indes nicht, wenn der Hersteller selbst (oder ein Abnehmer) Rechtsschutz wegen einer ihm gegenüber ausgesprochenen Abmahnung begehrt. Zudem besteht hier - anders als in dem vom Großen Senat entschiedenen Fall einer Abnehmerverwarnung - auch kein Informationsvorsprung des Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten.