Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

e) Herabsetzung und Abwertung

§ 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft

1. Sachliche Erörterung oder pauschale Abwertung

2. Gesamtzusammenhang entscheidend

2a. Preisvergleich

2b. Meinungsfreiheit

Sachliche Erörterung oder pauschale Abwertung

BGH, Urt.v.1.10.2009, I ZR 134/07, Tz. 16 ff – Gib mal Zeitung

Eine Herabsetzung im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG setzt mehr voraus als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte. Maßgeblich ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. (Tz. 16)

Ebenso BGH, Urt. v. 24.1.2019, I ZR 200/17, Tz. 30 - Das beste Netz; BGH, Urt. v. 7.3.2019, I ZR 254/16, Tz. 23 - Knochenzement III

BGH, Urt. v. 24.1.2019, I ZR 200/17, Tz. 30 - Das beste Netz

Bei der Beurteilung ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen.

BGH, Urt. v. 17.1.2002, I ZR 161/99, - Hormoneratztherapie

Die Gleichstellung von Herabsetzung und Verunglimpfung macht deutlich, dass eine Herabsetzung mehr voraussetzt als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte. Maßgeblich ist vielmehr, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend ist ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen.

zurück nach oben

Gesamtzusammenhang entscheidend

BGH, Urt. v. 20.9.2007, I ZR 171/04 – Saugeinlagen

Ob in einem Werbevergleich enthaltene Aussagen eine pauschale Abwertung des fremden Erzeugnisses enthalten, ist nicht anhand einer isolierten Betrachtung der einzelnen Erklärungen, sondern aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Angaben zu beurteilen.

BGH, Urt. v. 7.3.2019, I ZR 254/16, Tz. 23 - Knochenzement III

Maßgeblich für die Beurteilung ist der Gesamtzusammenhang der angegriffenen Behauptung. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen kann auf die Grundsätze zur unlauteren pauschalen Herabsetzung ungenannter Mitbewerber gemäß § 4 Nr. 1 UWG zurückgegriffen werden. Danach erfordert die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeaussage eines Wettbewerbers einen Mitbewerber herabsetzt, eine Gesamtwürdigung, die die Umstände des Einzelfalls wie insbesondere den Inhalt und die Form der Äußerung, ihren Anlass, den Zusammenhang, in dem sie erfolgt ist, sowie die Verständnismöglichkeiten des angesprochenen Verkehrs berücksichtigt. Dabei kommt es maßgeblich auf die Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der Werbung an. In die Gesamtwürdigung sind betroffene Grundrechtspositionen einzubeziehen.

BGH, Urt. v. 7.3.2019, I ZR 254/16, Tz. 32 - Knochenzement III

Mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung über die vergleichende Werbung gemäß § 6 UWG ist es im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung von Bedeutung, ob die Äußerung für den legitimen Zweck des Vergleichs, das heißt die Unterrichtung der Adressaten der Werbung über die Vorteile des eigenen Angebots und damit die Verbesserung der Markttransparenz, erforderlich oder immerhin nützlich ist. Es kommt mithin auch darauf an, ob und inwieweit der angesprochene Verkehr die betreffende Information für eine sachgerechte, informierte Nachfrageentscheidung benötigt.

BGH, Urt. v. 7.3.2019, I ZR 254/16, Tz. 36 - Knochenzement III

Maßgeblich für eine informierte Nachfrageentscheidung zumal in Bezug auf die hier in Rede stehenden, komplex herzustellenden und wegen ihres Einsatzes auf dem Gebiet der Medizin besonders sicherheitssensiblen Produkte ist auch die eigene Leistungsfähigkeit des Anbieters.

BGH, Urt. v. 24.1.2019, I ZR 200/17, Tz. 39 - Das beste Netz

Eine Herabsetzung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG kann umso eher anzunehmen sein, je weniger eine für den Mitbewerber nachteilige Aussage den Zielen der Verbraucherinformation und Markttransparenz dient.

Humor, Ironie und Spot

BGH, Urt.v.1.10.2009, I ZR 134/07, Tz. 17 – Gib mal Zeitung

Werbung lebt zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie und wird davon begleitet. Wo genau die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft, bedarf stets in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung. Solange der Werbende mit ironischen Anklängen lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber - weil der Verkehr die Aussage nicht wörtlich und damit ernst nimmt - keine Abwertung des Mitbewerbers oder des konkurrierenden Angebots verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung.

BGH, Urt.v.1.10.2009, I ZR 134/07, Tz. 20 – Gib mal Zeitung

Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Werbevergleichs ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Dieser Durchschnittsverbraucher ist zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung gewöhnt und empfindet sie als Ausdruck lebhaften Wettbewerbs. Ein humorvoller oder ironischer Werbevergleich kann daher auch dann zulässig sein, wenn er sich nicht auf feinen Humor und leise Ironie beschränkt. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte in einem Werbevergleich stellt vielmehr erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden wird.

Ebenso BGH, Urt. v. 24.1.2019, I ZR 200/17, Tz. 30 - Das beste Netz; OLG Frankfurt, Urt. v. 9.10.2014, 6 U 199/13, Tz. 30

BGH, Urt. v. 24.1.2019, I ZR 200/17, Tz. 30 - Das beste Netz

Wo genau die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft, bedarf in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung.

BGH, Urt. v. 24.1.2019, I ZR 200/17, Tz. 37 - Das beste Netz

Im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung sind zwar Art und Maß des Einsatzes humoristischer Mittel für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses und die Prüfung des herabsetzenden Charakters eines Werbevergleichs von Bedeutung (vgl. BGH, GRUR 2010, 166 Rn. 22 - Gib mal Zeitung). Eine schematische Betrachtungsweise etwa danach, ob solche Mittel einseitige oder sonst ungleiche Verwendung finden, verbietet sich jedoch mit Blick auf die insoweit stets erforderliche Einzelfallbetrachtung.

zurück nach oben

Preisvergleich

EuGH, Urt. v. 8.4.2001, C-44/01, Tz. 80 – Pippig Augenoptik

Die Gegenüberstellung konkurrierender Angebote, insbesondere was die Preise anbelangt, ist der vergleichenden Werbung immanent. Folglich kann der Preisvergleich für sich genommen einen Bewerber, der höhere Preise verlangt, nicht im Sinne des Artikels 3a Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 84/450 herabsetzen oder verunglimpfen.

zurück nach oben

Meinungsfreiheit

OLG Köln, Urt. v. 28.1.2011 (= WRP 2011, 785)

Auch eine an sich gegen ein gesetzliches Werbeverbot verstoßende Werbung kann gerechtfertigt sein, wenn die wirksame Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung eine bestimmte Aussage oder Darstellungsweise erfordert (so für das HWG BGH GRUR 2009, 984, Tz. 19 ff - Sortis).

Beispiel

BGH, Urt. v. 7.3.2019, I ZR 254/16, Tz. 28 - Knochenzement III

Die Pressemitteilung beschränkte sich auf die in sachlichem Ton gehaltene Mitteilung von unstreitig zutreffenden Umständen und verzichtete auf pauschal abwertende oder abfällige Äußerungen über die Klägerin und deren Produkte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spricht es nicht für, sondern gegen die Annahme einer unlauteren Herabsetzung, dass die Beklagte zur Begründung ihrer Behauptung einer widerrechtlichen Verwendung von Betriebsgeheimnissen auf das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Bezug genommen hat.

zurück nach oben