§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG
Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich
sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht
Austauschbarkeit der Ware oder Dienstleistung
1. Austauschbarkeit der Angebote
2. Individuelle und konkrete Prüfung der Austauschbarkeit
3. Gewisser Grad der Substitution ausreichend
4. Verhältnis der Austauschbarkeit zu den verglichenen Eigenschaften
Austauschbarkeit der Angebote
EuGH, Urt. v. 19.9.2006, C‑356/04 – Lidl/Colruyt
Jede vergleichende Werbung muss im Interesse der Verbraucher wie auch der Mitbewerber letztlich auf dem Vergleich von Produktpaaren beruhen, die dem Erfordernis der Austauschbarkeit untereinander genügen.
EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C‑159/09, Tz. 25 – Vierzon/Lidl
Die Bedingung, dass der Vergleich sich auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung beziehen muss, setzt voraus, dass die verglichenen Waren oder Dienstleistungen für den Verbraucher einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen.
Individuelle und konkrete Prüfung der Austauschbarkeit
EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C‑159/09, Tz. 33 – Vierzon/Lidl
Um zu ermitteln, ob wirklich Substituierbarkeit vorliegt, ist eine individuelle und konkrete Prüfung der speziellen Waren erforderlich, die in der Werbeaussage miteinander verglichen werden. Eine solche konkrete Prüfung des Grades an Substitution fällt in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte.
Gewisser Grad der Substitution ausreichend
Es ist nicht erforderlich, dass es sich um diesselben Waren oder Dienstleistungen handelt.
EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C‑159/09, Tz. 32 – Vierzon/Lidl
Insoweit kann, wenn Waren in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können, von einem gewissen Grad der Substitution zwischen ihnen ausgegangen werden.
OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.2015, 3 U 38/15, B.II.1.c.ee
Voraussetzung eines zulässigen Vergleichs ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht die völlige Identität der verglichenen Produkte. Die Vergleichbarkeit im Sinne des Gesetzes ist vielmehr weit zu verstehen. Es genügt, dass die Produkte funktionsidentisch sind und aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher als Substitutionsprodukte in Betracht kommen. Auch der Preisvergleich ist nicht auf identische Waren oder Dienstleistungen beschränkt. Der Preisvergleich darf allerdings nicht in Bezug auf die wesentlichen Eigenschaften der verglichenen Produkte irreführen (BGH, NJOZ 2954, 2956 – Zulässigkeit von Preisvergleichen bei Arzneimitteln).
Beispiel Arzneimittel
OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.2015, 3 U 38/15, B.II.1.c.ee
Im Bereich von Arzneimitteln ist von der gleichen Bedarfsdeckung oder derselben Zweckbestimmung auszugehen, wenn für die verglichenen Präparate dieselbe Indikation besteht. Eine gleiche Bedarfsdeckung oder dieselbe Zweckbestimmung der Präparate ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Präparate in verschiedenen Wirkstärken oder Packungsgrößen angeboten werden. Entscheidend ist, dass die Präparate grundsätzlich einen identischen Anwendungsbereich haben (OLG Hamburg, BeckRS 2007, 14905).
Verhältnis der Austauschbarkeit zu den verglichenen Eigenschaften
Die Tatbestandsvoraussetzung des gleichen Bedarfs und dergleichen Zweckbestimmung ist unabhängig von dem weiteren Tatbestandsmerkmal in § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wonach sich der Vergleich auf bestimmte Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beziehen muss.
EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C‑159/09, Tz. 27 – Vierzon/Lidl
Die Eigenschaft, auf die sich der Vergleich bezieht, hat keinen Einfluss auf die Frage, ob zwei Waren dem gleichen Bedarf oder derselben Zweckbestimmung im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie (heute Art. 4 b der Richtlinie) dienen.