Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

(5) Zulässigkeit nährwertbezogener Angaben

1. Zulässigkeit nährwertbezogener Angaben

a. Art. 8 HCVO

b. Art. 9 HCVO

2. Anhang zu Art. 8 Abs. 1 HCVO

3. Ähnliche Angaben (Voraussichtlich dieselbe Bedeutung)

4. Obligatorische Angaben

a. Obligatorische Nährwertkennzeichnung

b. Art. 4 Abs. 2 HCVO (Hoher Gehalt an ...)

5. Sonstige Rahmenbedingungen

a. Allgemeine Grundsätze

b. Art. 4 Abs. 3 HCVO (Alkoholhaltige Getränke)

c. Wissenschaftliche Absicherung

6. Übergangsbestimmungen

7. Einzelfälle

Mineralwasser

Natrium- oder Salzarm

Zucker

Zulässigkeit nährwertbezogener Angaben

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 10 - Märchensuppe

Bei Art. 8 und Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG, deren Missachtung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern und Verbrauchern im Sinne des § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 30 - Märchensuppe

Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist auf vergleichende Angaben anwendbar, auch wenn sie der Vorschrift des Art. 8 der Verordnung entsprechen

Art. 8 HCVO

NÄHRWERTBEZOGENE ANGABEN

Artikel 8 HCVO

Besondere Bedingungen

(1)  Nährwertbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 15 - Märchensuppe

Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen.

KG, Urt. v. 28.1.2011, 5 U 133/09, B.1.b.bb.1

Art. 8 Abs. 1 HCVO macht die Zulässigkeit nährwertbezogener Angaben seinem eindeutigen Wortlaut nach vom kumulativen Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen abhängig. Nährwertbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn sie im Anhang zu der Verordnung aufgeführt sind und den in der HCVO festgelegten Bedingungen entsprechen.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 15.2.2012, 6 U 169/11, Tz. 18; OLG Hamburg, Beschl. v. 24.4.2014, 3 W 27/1, II.3.a; s.a. KG Berlin, Urt. v. 7.11.2017, 5 U 175/16

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Art. 9 HCVO

Artikel 9

Vergleichende Angaben

Unbeschadet der Richtlinie 84/450/EWG ist ein Vergleich nur zwischen Lebensmitteln derselben Kategorie und unter Berücksichtigung einer Reihe von Lebensmitteln dieser Kategorie zulässig. Der Unterschied in der Menge eines Nährstoffs und/oder im Brennwert ist anzugeben, und der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge des Lebensmittels beziehen.

(2) Vergleichende nährwertbezogene Angaben müssen die Zusammensetzung des betreffenden Lebensmittels mit derjenigen einer Reihe von Lebensmitteln derselben Kategorie vergleichen, deren Zusammensetzung die Verwendung einer Angabe nicht erlaubt, darunter auch Lebensmittel anderer Marken.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 20 - Märchensuppe

Eine nährwertbezogene Angabe über einen reduzierten Nährstoffanteil, die die im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genannten Bedingungen einhält, unterliegt zusätzlich den Anforderungen des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 21 - Märchensuppe

Nach dem mit "Vergleichende Angaben" überschriebenen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist ... ein Vergleich nur zwischen Lebensmitteln derselben Kategorie und unter Berücksichtigung einer Reihe von Lebensmitteln dieser Kategorie zulässig. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der Unterschied in der Menge eines Nährstoffs und/oder im Brennwert anzugeben, und der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge des Lebensmittels beziehen.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 23, 25 f, 28 - Märchensuppe

Der Begriff der vergleichenden Angabe im Sinne des Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der vergleichenden Werbung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der an die Stelle der Richtlinie 84/450/EWG getretenen Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (nachfolgend: Richtlinie 2006/114/EG). ...

... Der Begriff der vergleichenden Angabe im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist nicht ausschließlich mit Blick auf Produkte von Wettbewerbern zu verstehen. Eine vergleichende Angabe liegt vielmehr bereits dann vor, wenn sie auf einen erhöhten oder verminderten Nährstoffgehalt hinweist, ohne Vergleichsprodukte zu benennen.

... Der Gesetzgeber wollte die Anwendung des Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 nicht auf solche Vergleiche beschränken, in denen das Vergleichsprodukt konkret benannt wird. Der Schutzzweck des hohen Verbraucherschutzniveaus erfordert vielmehr, dass auch vergleichende Angaben dem Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 unterfallen, in denen eine solche Benennung nicht erfolgt.

... Mithin ist Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auch dann anwendbar, wenn eine Angabe Unterschiede im Brennwert oder Gehalt von Nährstoffen benennt, jedoch Produkte von Mitbewerbern nicht erkennbar macht.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 30 - Märchensuppe

Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist auf vergleichende Angaben anwendbar, auch wenn sie der Vorschrift des Art. 8 der Verordnung entsprechen. Der Schutzzweck der Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus rechtfertigt die Annahme, dass vergleichende Angaben zum erhöhten oder verminderten Nährstoffgehalt, die den Erfordernissen des Anhangs zu Art. 8 der Verordnung genügen, mit Blick auf den behaupteten Nährstoffunterschied der weiteren, in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung genannten Zulässigkeitsvoraussetzung unterworfen werden, dass der Unterschied in der Menge des Nährstoffs anzugeben ist.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 32 - Märchensuppe

Der Verbraucher muss die Angabe nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 klar und deutlich erkennen können. Eine Angabe auf der Rückseite der Verpackung reicht nicht aus, wenn kein Hinweis darauf im Zusammenhang mit der auf der Vorderseite der Verpackung befindlichen Angabe erfolgt.

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 34 - Märchensuppe

Die nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erforderliche Information über den Unterschied in der Menge des Nährstoffs ist so zu geben, dass der Durchschnittsverbraucher sie unschwer zur Kenntnis nehmen kann. Dies erfordert, wenn die Information nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der nährstoffbezogenen Angabe erfolgt, mindestens einen im räumlichen Zusammenhang mit der Angabe angebrachten Hinweis darauf, wo die Zusatzinformation aufgefunden werden kann. Zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus ist es erforderlich, dass der Verbraucher die für eine sachkundige Entscheidung notwendigen Informationen erhält (vgl. Erwägungsgrund 9 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006). Bei der Beurteilung, auf welche Weise die in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 verlangte Information gegeben wird, ist auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Der Verbraucher wird angesichts einer auf der Verpackungsvorderseite hervorgehobenen, im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang nicht weiter erläuterten Angabe zum reduzierten Nährstoffgehalt im Unklaren über das Maß der Nährstoffreduktion gelassen. Ohne einen in Verbindung mit der Angabe gegebenen Hinweis darauf, an welcher Stelle der Verpackung diesbezügliche Zusatzinformationen zu finden sind, ist nicht sichergestellt, dass der Verbraucher die Informationen auffindet.

Anhang zu Art. 8 Abs. 1 HCVO

In ähnlicher Weise wie bei den gesundheitsbezogenen Angaben müssen die nährwertbezogenen Angaben, die für ein Lebensmittel oder eine Substanz im Lebensmittel gemacht werden dürfen, ausdrücklich zugelassen sein. Die Zulassung und die Bedingungen für die Verwendung zugelassener nährwertbezogener Angaben finden sich im Anhang zur HCVO. Dieser Anhang wird regelmäßig fortgeschrieben.

Artikel 8 HCVO

(2) Änderungen des Anhangs werden nach dem in Artikel 25 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle, gegebenenfalls nach Anhörung der Behörde, erlassen. Gegebenenfalls bezieht die Kommission Interessengruppen, insbesondere Lebensmittelunternehmer und Verbraucherverbände, ein, um die Wahrnehmung und das Verständnis der betreffenden Angaben zu bewerten.

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Ähnliche Angaben (Voraussichtlich dieselbe Bedeutung)

Der Anhang zur HCVO erlaubt neben der Verwendung der darin aufgeführten nährstoffbezogenen Angaben auch Angaben, die für den angesprochenen Verkehr „voraussichtlich dieselbe Bedeutung“ haben.

OLG Hamburg, Beschl. v. 24.4.2014, 3 W 27/1, II.3

"Voraussichtlich dieselbe Bedeutung" können in diesem Zusammenhang nur Angaben haben, die den jeweils in der Anlage genannten Nährstoff, also etwa Fette, Salze usw., betreffen. Eine Erweiterung auf Angaben über nicht ausdrücklich angeführte Nährstoffe lässt die erweiternde Klausel zur Zulässigkeit bedeutungsgleicher Angaben hier nicht zu.

OLG Hamburg, Beschl. v. 24.4.2014, 3 W 27/1, II.3.b

Die Verordnung selbst schafft bei Angaben, mit denen – unscharf – bloß auf einen niedrigen Nährstoffgehalt hingewiesen wird, die notwendige Klarheit des Begriffs, indem sie in der Anlage zur HCV für vergleichbare Angaben zu anderen Nährstoffen stets konkrete Grenzwerte je Gewichtseinheit nennt, die einzuhalten sind, um die jeweilige Angabe zulässig zu machen. Damit verfolgt der europäische Gesetzgeber einen einheitlichen Maßstab, der bei der Verwendung der jeweils zugelassenen Claims einzuhalten ist.

Aber:

OLG Hamburg, Urt. v. 3.8.2017, 3 U 130/16 (MD 2017, 930)

Eine für einen Nährstoff zugelassenen Angabe ist nicht gleichbedeutend mit einer solchen, die für einzelne Bestandteile des jeweiligen Nährstoffs verwendet wird. … Vielmehr ist es erforderlich, dass die jeweilige gesundheitsbezogene Angabe auch für jeden Bestandteil Gültigkeit beanspruchen kann.

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Obligatorische Angaben

Obligatorische Nährwertkennzeichnung

Artikel 7

Die Nährwertkennzeichnung von Erzeugnissen, bei denen nährwert- und/oder gesundheitsbezogene Angaben gemacht werden, ist obligatorisch, es sei denn, es handelt sich um produktübergreifende Werbeaussagen. Es sind die in Artikel 30 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel aufgeführten Angaben zu machen. Bei nährwert- und/oder gesundheitsbezogenen Angaben für einen in Artikel 30 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 genannten Nährstoff wird die Menge dieses Nährstoffs nach Maßgabe der Artikel 31 bis 34 der genannten Verordnung angegeben.

Für Stoffe, die Gegenstand einer nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angabe sind und nicht in der Nährwertkennzeichnung erscheinen, sind die jeweiligen Mengen nach Maßgabe der Artikel 31, 32 und 33 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 in demselben Blickfeld anzugeben wie die Nährwertkennzeichnung. Zur Angabe der Mengen werden den jeweiligen einzelnen Stoffen angemessene Maßeinheiten verwendet.

Im Falle von Nahrungsergänzungsmitteln ist die Nährwertkennzeichnung gemäß Artikel 8 der Richtlinie 2002/46/EG anzugeben.

Näheres hier.

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Art. 4 Abs. 2 HCVO (Hoher Gehalt an ...)

(2)  Abweichend von Absatz 1 sind nährwertbezogene Angaben zulässig,

b) wenn ein einziger Nährstoff das Nährstoffprofil übersteigt, sofern in unmittelbarer Nähe der nährwertbezogenen Angabe auf derselben Seite und genau so deutlich sichtbar wie diese ein Hinweis auf diesen Nährstoff angebracht wird. Dieser Hinweis lautet: „Hoher Gehalt an“.

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Sonstige Rahmenbedingungen

Allgemeine Grundsätze

Artikel 3 - Allgemeine Grundsätze für alle Angaben

Unbeschadet der Richtlinien 2000/13/EG und 84/450/EWG dürfen die verwendeten nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben

a) nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein;

b) keine Zweifel über die Sicherheit und/oder die ernährungsphysiologische Eignung anderer Lebensmittel wecken;

c) nicht zum übermäßigen Verzehr eines Lebensmittels ermutigen oder diesen wohlwollend darstellen;

d) nicht erklären, suggerieren oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringen, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung generell nicht die erforderlichen Mengen an Nährstoffen liefern kann; bei Nährstoffen, von denen eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung keine ausreichenden Mengen liefern kann, können unter Beachtung der in Mitgliedstaaten vorliegenden besonderen Umstände abweichende Regelungen, einschließlich der Bedingungen für ihre Anwendung zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung nach dem in Artikel 25 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen werden;

KG, Urt. v. 10.7.2015, 5 U 131/13, B.I.1.a.bb/cc (= MD 2015, 1086)

Die Beklagte hat gegen Art. 3 Abs. 1 lit. d HCVO verstoßen, weil sie mit ihren Aussagen unterstellt, dass es aufgrund eines Nährwertverlustes von Obst und Gemüse nicht möglich ist, sich mit dem handelsüblichen Obst und Gemüse die für eine gesunde Ernährung erforderlichen Nährstoffe zuzuführen. ...

Für einen Verstoß gegen Art. 3 lit. d) HCVO kommt es nicht darauf an, ob die Aussagen irreführend sind bzw. ob es tatsächlich einen allgemeinen Nährstoffrückgang in Obst und Gemüse gibt. Die Aussagen sind nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm per se verboten.

OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.bb.1.c

Gemäß Art. 8 Abs. 1 HCVO dürfen nährwertbezogene Angaben u.a. nur dann gemacht werden, wenn sie den in der HCVO festgelegten Bedingungen entsprechen. Zu diesen Bedingungen zählt auch Art. 3 Satz 2 Buchst. d) HCVO. Die Beklagte hat gegen diese Vorschrift verstoßen, weil sie mit ihren Aussagen unterstellt, dass es mit der normalen Ernährung nicht möglich sei, die für den Körper bzw. den Stoffwechsel erforderlichen Menge an Nährstoffen zuzuführen.

Das Gleiche gilt dem Wortlaut von Art. 3 auch für gesundheitsbezogene Angaben

OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.bb.1.c

Für einen Verstoß gegen Art. 3 Satz 2 Buchst. d) HCVO kommt es nicht darauf an, ob die Aussagen der Beklagten irreführend sind bzw. ob es tatsächlich einen allgemeinen Nährstoffrückgang in Obst und Gemüse gibt. Die Aussagen sind nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm per se verboten.

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Art. 4 Abs. 3 HCVO (Alkoholhaltige Getränke)

Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen

a) keine gesundheitsbezogenen Angaben,

b) keine nährwertbezogenen Angaben mit Ausnahme solcher, die sich auf eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder des Brennwerts beziehen, tragen.

Bei der Bezeichnung „ENERGY + VODKA“ handelt es sich um nicht um eine nährwertbezogene Angabe (BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 167/12 - Energy & Wodka; aufgehoben OLG Hamm, Urt. v. 10.7.2012, I-4 U 38/12, Tz. 74, 84, 88 - Energy & Vodka).

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Wissenschaftliche Absicherung

Artikel 5 - Allgemeine Bedingungen

(1)  Die Verwendung nährwertbezogener Angaben ist nur zulässig, wenn die nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Es ist anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweise nachgewiesen, dass das Vorhandensein, das Fehlen oder der verringerte Gehalt des Nährstoffs oder der anderen Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel oder einer Kategorie von Lebensmitteln eine positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat.

b) Der Nährstoff oder die andere Substanz, für die die Angabe gemacht wird,

i) ist im Endprodukt in einer gemäß dem Gemeinschaftsrecht signifikanten Menge oder, wo einschlägige Bestimmungen nicht bestehen, in einer Menge vorhanden, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen geeignet ist, die behauptete ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung zu erzielen, oder

ii) ist nicht oder in einer verringerten Menge vorhanden, was nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen geeignet ist, die behauptete ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung zu erzielen.

c) Soweit anwendbar liegt der Nährstoff oder die andere Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einer Form vor, die für den Körper verfügbar ist.

d) Die Menge des Produkts, deren Verzehr vernünftigerweise erwartet werden kann, liefert eine gemäß dem Gemeinschaftsrecht signifikante Menge des Nährstoffs oder der anderen Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, oder, wo einschlägige Bestimmungen nicht bestehen, eine signifikante Menge, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen geeignet ist, die behauptete ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung zu erzielen.

e) Die besonderen Bedingungen in Kapitel III bzw. Kapitel IV, soweit anwendbar, sind erfüllt.

(2)  Die Verwendung nährwertbezogener Angaben ist nur zulässig, wenn vom durchschnittlichen Verbraucher erwartet werden kann, dass er die positive Wirkung, wie sie in der Angabe dargestellt wird, versteht.

(3)  nährwertbezogene Angaben müssen sich gemäß der Anweisung des Herstellers auf das verzehrfertige Lebensmittel beziehen.

OLG Celle, Urt. v. 6.6.2019, 13 U 2/19, II.1.b

Die Gemeinschaftsvorschriften zur signifikanten Menge von Nährstoffen ergeben sich insbesondere aus Anhang XIII zur LMIV. ...

… Abzustellen ist … wegen Art. 5 Abs. 1 HCVO und Erwägungsgrund (15) auf den Nährstoffgehalt in der vernünftigerweise zu erwartenden Verzehrmenge (so auch Holle in: Holle/Hüttebräuker, HCVO, Art. 5 Rn. 63; Meierernst in: Meierernst/Haber, Health & Nutrition Claims, Art. 5 Rn. 11; Rathke/Hahn in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 171. EL Art. 5 HCVO Rn. 21 ff.). Diese Betrachtung entspricht dem Sinn und Zweck der Verordnung, die Wahrheit nährwertbezogener Angaben bezogen auf die tatsächlich vom Verbraucher aufgenommene Menge der Substanz sicherzustellen.

Beispiel:

OLG Celle, Urt. v. 6.6.2019, 13 U 2/19, II.1.b

Die vernünftigerweise zu erwartenden Verzehrmenge für Nüsse und Trockenfrüchte liegt deutlich unter 100g, nämlich bei ca. 25-50g. Das … Bestreiten ist unerheblich. Sie trägt als Verwenderin die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen der verwendeten nährwertbezogenen Angaben (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 18 – Vitalpilze). Deshalb ist auch die zu erwartende Verzehrmenge vom Verwender zu ermitteln.

Artikel 6

Wissenschaftliche Absicherung von Angaben

(1)  nährwertbezogene Angaben müssen sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein.

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Übergangsbestimmungen

OLG Hamburg, Beschl. v. 24.4.2014, 3 W 27/1, II.3

Gemäß Art. 8 Abs. 1 HCV dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen. Die in Art. 28 Abs. 3 HCV enthaltene Übergangsregelung ist seit dem 20.1.2010 nicht mehr gültig.

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Einzelfälle

Mineralwasser

Für Mineralwässer gilt wegen der ebenfalls zu beachtenden Richtlinie 2009/54:

EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-157/14 - Neptune Distribution

Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 ist dahin auszulegen, dass für natürliche Mineralwässer und andere Wässer die Angabe „sehr natriumarm/kochsalzarm“ und jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, nicht verwendet werden darf.

Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2009/54 ist dahin auszulegen, dass er Angaben oder Hinweisen auf den Verpackungen und Etiketten natürlicher Mineralwässer oder in der Werbung für diese entgegensteht, die beim Verbraucher den Eindruck entstehen lassen, dass die fraglichen Wässer natriumarm/kochsalzarm oder für eine natriumarme Ernährung geeignet sind, wenn der Gesamtgehalt an Natrium in allen seinen vorhandenen chemischen Formen 20 mg/l beträgt oder überschreitet.

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Natrium- oder Salzarm

BGH, Urt. v. 18.5.2017, I ZR 100/06, Tz. 15 - Märchensuppe

Im Anhang der Verordnung ist geregelt, dass die Angabe, ein Lebensmittel sei natriumarm/kochsalzarm, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, nur zulässig ist, wenn das Produkt nicht mehr als 0,12 g Natrium oder den gleichwertigen Gehalt an Salz pro 100 g bzw. 100 ml enthält.

Bestätigung von OLG Karlsruhe, Urteil v. 17.03.2016, Az. 4 U 218/15, II.1

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Zucker

OLG Celle, Urt. v. 6.9.2019, 13 U 69/18, Tz. 41

Die Werbung der Beklagten verstößt deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 HCVO i.V.m. deren Anhang, weil danach die Angabe, einem Lebensmittel sei kein Zucker zugesetzt worden, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, nur zulässig ist, wenn das Produkt keine zugesetzten Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel enthält. Diese Voraussetzung ist bei dem Produkt der Beklagten, welches … zu 25 % aus Honig besteht, nicht erfüllt. Denn bei Honig handelt es sich um ein anderes Lebensmittel, dass die Beklagte … zum Süßen des Diätdrinks einsetzt.

OLG Hamburg, Beschl. v. 12.12.2022, 3 W 38/22, Tz. 23 - Ananas

Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nach dem Anhang „Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung“ nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält. Die Angabe „ohne Zucker“ hat für den Verbraucher dieselbe Bedeutung wie „Zuckerfrei“ und ist daher unzulässig, da das Produkt mehr als 0,5g Zucker pro 100g Ananas enthält. Eine Fehlvorstellung des Verbrauchers verlangt die Vorschrift nicht.